Wir alle wissen, dass ein Großteil unserer persönlichen und beruflichen Entwicklung den Menschen geschuldet ist, die an uns glauben. Eltern, Lehrkräfte, Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Verwandte, Trainer*innen und manchmal sogar Fremde. Glück haben diejenigen unter uns, deren Umwelt sich die Mühe macht, ihnen etwas beizubringen. Am besten erweist man dieser Tatsache einen Dienst, indem man denselben Gefallen an die nächste Generation weitergibt – oder wie die wunderbare Maya Angelou so treffend zu sagen pflegte: When you learn, teach. When you get, give! Es ist ein implizites Lob und zudem ein riesengroßer Vertrauensbeweis, jemandem eine Kenntnis zu vermitteln. Oder macht ihr euch die Mühe, jemanden im übertragenen Sinn an der Hand zu nehmen, wenn ihr nicht an euer Gegenüber glaubt? Wohl kaum! Was ist allerdings, wenn das Gegenüber gar nicht lernen möchte? In dieser Zwickmühle befindet sich auch Twitteruserin @recht_nett mit ihrer Auszubildenden. Dies ist ihr Thread:
Pünktlich zur Lohnabrechnung ist meine Azubi krank. Jeden Monat. Seit Juli. Kaum ist die LA durch, ist sie wieder da.
Wie soll ich ihr das beibringen, wenn sie nie da ist? Wie oft soll ich noch mit ihr reden? Ich hab Stunden in Gespräche investiert.
Ich hab keine Lust mehr.
— recht§nett (@recht_nett) December 5, 2022
Ich bin als Ausbilderin echt an meinen Grenzen angelangt. Wie bilde ich jemanden aus, der nicht da ist? Wir sind allein in diesem Jahr bei über 50 Krankheitstagen. Nächstes Jahr wäre Abschlussprüfung… Ich befürchte, so viel Nachhilfe kann ich ihr nicht geben, damit sie besteht.
— recht§nett (@recht_nett) December 5, 2022
Sie hat privat sehr sehr viele Baustellen, hat sich nach viel gutem Zureden endlich einen Therapieplatz gesucht. Sie hat immer meine volle Unterstützung und Rückendeckung. Ich habe immer Rücksicht genommen.
Aber sie macht es mir wirklich nicht leicht…
— recht§nett (@recht_nett) December 5, 2022
So reagieren andere User*innen:
Verzwickt und obendrein sehr frustrierend! Was tut man in so einer Situation? Gibt man irgendwann der Genervtheit nach? Sucht man die Konfrontation oder lässt man die Person gar im Stich? Die Twitteruserinnen und -user haben sich dieselben Fragen gestellt. Denn es ist und bleibt eine schwierige Angelegenheit, um die man niemanden beneidet. Die konstruktivsten Kommentare haben wir hier für euch festgehalten:
Was ist das Problem?
Da scheint eine Aversion gegen Lohnabrechnungen zu bestehen?
— 💙💛Enzym🇺🇦 (@Katalysator5) December 5, 2022
Sie hat da keine Lust drauf. Was ich persönlich echt nachvollziehen kann, ich hasse Abrechnung auch. Aber es steht nun mal im Ausbildungsplan und sie muss es lernen…
— recht§nett (@recht_nett) December 5, 2022
Ab welchem Punkt muss man alleine schwimmen?
Feel you.
Habe auch mal Nachhilfe bei unseren Azubis gegeben. Katastrophe für mich als ich deren Wissensstand zu Beginn abgefragt habe. Irgendwann war es mir zu oll und habe denen klar gemacht, dass ich die Prüfung schon habe, es aber jetzt um sie geht. 🤷♀️
— Dirtsamdiva 🏡 (@Dirtsamdiva) December 5, 2022
Aufgeben?
Puh, also bei manchen Antworten hier… 🙄
Großartig, dass du dich bisher so gut gekümmert hast, ansprechbar warst, auch die privaten Baustellen siehst und nicht noch auf die Person „draufhaust“.
Was wäre, wenn du es nun einfach laufen lässt? Vllt nähme das Druck raus?— VronskiBeat 🏳️🌈 (@VronskiB) December 5, 2022
Druck habe ich ihr noch nie gemacht, leider stehen wir nun aber unter Druck… Ab Januar ist sie in der nächsten Abteilung zur Schwerpunktausbildung… Diese Abrechnung war die letzte, mit der sie hätte lernen können…
— recht§nett (@recht_nett) December 5, 2022
Was macht man da?
Wird sie mit den Fehltagen denn zur Prüfung zugelassen oder geht sie zumindest und die Berufsschule? Unsere letzte Azubi hatte so viele Fehltage, dass sie erst gar nicht zur Prüfung zugelassen wurde.
— MeLaLie (@frau_liebling) December 5, 2022
Bei der Prüfungszulassung wird die gesamte Ausbildungszeit bewertet. Im ersten und zweiten Jahr gab es fast keine Krankheitstage.
— recht§nett (@recht_nett) December 5, 2022
So viel Verantwortung
Hast Du andere Azubis (Azubi-Vertretung?), die mit ihr reden können? Imho ist da jemand nicht direkt involviertes ganz hilfreich.
— Marko (@initin_de) December 5, 2022
Ihr „Azubi-Pate“ hat schon mit ihr gesprochen.. Leider öffnet sie sich niemandem außer mir.
— recht§nett (@recht_nett) December 5, 2022
Durchhalten!
Ich verstehe Deinen Frust. In meinem Job arbeite ich mit traumatisierten jungen Menschen. U.u. fehlen sie wenn es an einem Tsg viele Triggersituationen erlebten. Mir war vorher nicht klar, wie viele das sein können. Therapie greift erst bei einer gewissen emotionalen Stabilität.
— Myh (@Myh2019) December 6, 2022
D.h. erst muss die Stabilität hergestellt sein. Das sind erste Schritte. Eine junge Frau z.B. weiß nicht, ob sie den begonnene Tag auch wie geplant. Halte durch.
— Myh (@Myh2019) December 6, 2022
Liebe Auszubildende, Arbeitsvermeidung ist auf Twitter viel lustiger: