Thread: Mutter sein ist hochpolitisch

Manuela Jungkind 18.05.2021, 9:23 Uhr

Wenn ein Kind unterwegs ist, bekommen die werdenden Eltern viele Ratschläge und Warnungen mit auf ihren Weg. Man berichtet ihnen vom Schlafmangel, dem Ende der Unabhängigkeit, der neuen Beziehungsdynamik, von Kinderkrankheiten und Babybrei an der Tapete. All diese Dinge bewahrheiten sich vermutlich früher oder später in den meisten Familien. Dennoch geht die größte Veränderung im Leben frischgebackener Eltern womöglich gar nicht von dem kleinen Wesen aus, das fortan ihren Alltag bestimmt. Sondern vielmehr von einer Gesellschaft, die glaubt, Mütter und Väter permanent be- und verurteilen zu müssen. Insbesondere Frauen stehen im Zentrum der Kritik. Klar, Schwangerschaft und Stillen sind Menschen mit Uterus vorenthalten. Größer als die Biologie scheint jedoch das tradierte, wenn auch glücklicherweise bröckelnde Narrativ zu sein, dass Frauen keine selbstständigen Wesen mehr sind, sobald sie Mutter werden. Sie verlieren ihre Identität und werden häufig nur noch über das Kind und ihrem Verhalten gegenüber diesem definiert. Und zwar – und das ist hier der Punkt – auch und insbesondere von anderen Frauen!

Der Twitteruser Malte Welding und seine Frau, die Psychologin Dr. Carlotta Welding, sind Eltern und haben mit dieser Dynamik Erfahrung gemacht. Pünktlich zum Muttertag am 9. Mai berichtete Malte Welding seinen Followern von einer Situation, die sich kürzlich ereignet hat. Dies ist sein Thread.

So kommentieren andere User:innen:

Eine Mutter, die während einer Videokonferenz ihr Kind stillt und dafür von anderen Frauen angegangen wird! Viele User:innen zeigten sich empört von dieser geschilderten Situation. Und doch scheint sie keineswegs ungewöhnlich zu sein. Unter den Kommentaren fanden sich leider auch solche, in denen insbesondere Mütter von ähnlichen Erfahrungen berichten. Wir haben wie üblich die besten Kommentare zusammengefasst.

Fazit:

Hand auf’s Herz: Vermutlich haben die meisten von uns schon einmal jemanden für den Umgang mit ihren oder seinen Kindern verurteilt. Und zwar häufig, ohne die Beteiligten oder den Kontext zu kennen. Dabei weiß vermutlich jede:r, der oder die regelmäßig mit Kindern zu tun hat, dass man das Verhalten der Kleinen nur bedingt steuern kann und irgendwann unweigerlich an die eigenen Grenzen stößt. Ob es an der stark emotionalisierten Thematik liegt oder schlichtweg daran, dass wir uns so sehr daran gewöhnt haben, einander zu kritisieren, lässt sich natürlich schwer sagen. Oft steckt dahinter vielleicht auch die eigene Angst, von einer Gesellschaft, die Frauen für jedes Verhalten an den Pranger stellt, gerichtet zu werden. Mit Sicherheit finden sich auch unter diesem Beitrag Kommentare, in denen Frauen über Frauen urteilen. Dabei ist diese Spaltung in „ich gegen sie“ überflüssig und kontraproduktiv. Um dieses Verhalten zu überwinden, muss man sich den Mechanismus dahinter bewusst machen. Eltern sein ist hart genug, lasst es uns nicht noch härter machen! Übrigens, falls ihr Lust habt, von anderen Eltern zu lernen, probiert es doch mal mit diesem Thread:

Thread: Was steht in keinem Elternratgeber, weil es jenseits aller Vorstellungskraft ist?

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