Thread: Kinder!! Das Essen ist fertig!!
Die Verpflegung eines oder gar mehrerer Kinder wird oft mit einer Raubtierfütterung verglichen. Zugegeben, so mäkelig wie die Frucht unserer Lenden sind Prädatoren meist nicht, aber ansonsten ist dieser Vergleich doch sehr passend, wenn man sich die Tischmanieren unserer lieben Kleinen so anschaut. Aber das ist nicht das einzige Problem. Einfluß auf ihre Essgewohnheiten zu nehmen, ist ein Prozeß, der mitunter 18 Jahre oder sogar länger dauern kann. Selbst für den kreativsten Hobbykoch erweist sich dieser Aspekt der Kindererziehung als eine Art kulinarisches Minenfeld, über das wir an dieser Stelle mal ausführlich sprechen müssen. Und damit das Ganze nicht zu langweilig oder gar gruselig anmutet, überlassen wir das Feld unserem Thread- und Kinder-Experten @doppeldaumen, der vor ein paar Tagen mit dem Thema „Kochen für Kinder“ schonungslos und ehrlich abgerechnet hat. Guten Appetit!
„Kinder!! Das Essen ist fertig!!“
„Was gibt’s denn?“
„Nudeln mit Tomatensoße!“
„Okay, aber für mich ohne Nudeln und ohne Soße…“
Die lieben Kinder und das Essen.
Eine Abrechnung.
Und ein Thread.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Die Natur macht uns vor, wie einfach alles sein könnte: Kleine, Tierbabys kommen auf die Welt, sehen süß aus, werden von ihren Eltern ernährt und sorgen irgendwann alleine für sich.
Nur beim Menschen fragt ein süßes Baby auch nach 21 Jahren noch: „Was gibt’s heute zu essen?“
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Am klügsten wäre es, wir würden den Kindern vom ersten Tag an einen nährstoffreichen, grauen Einheitsbrei geben. Erst wenn sie ausgezogen sind, dürfen sie sich selbst was anderes machen.
Denn machen wir uns nichts vor: Kinder sind, wenn es ums Essen geht, mäkelig und undankbar.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Ich stehe stundenlang in der Küche und serviere ein sowohl gesundes, als auch schmackhaftes Gericht und Kind3 sagt: „Bäh… schon wieder etwas mit Pflanzen!“
Ginge es nach unseren Kindern, gäbe es immer Pommes oder Nudeln. Oder am besten gleich den Nachtisch, denn
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
nur dem zu liebe setzt man sich als Kind ja überhaupt zu den Eltern an den Tisch.
Besonders tragisch ist es, wenn die Serviertemperatur die Gaumenwohlfühltemperatur um mehr als 0,5 Grad übersteigt. Kinder tun dann so, als hätte man ihnen gewaltsam Lava in den Mund gegossen.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Ihr wisst, was dann zu tun ist: Pusten. Ich würde kotzen, wenn im Restaurant ein Ober mit Absicht seinen Atem über meinem Schnitzel verteilen würde. Aber was tut man nicht alles.
Seit Kind2 in irgendeinem Schlaubi Schlumpf-Schlaumeierbuch etwas über Bakterien gelernt hat, will
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
er das übrigens nicht mehr. Selbstverständlich kann er aber nicht schlichtweg warten, bis das Mahl eine adäquate Verzehrtemperatur erreicht hat.
Nein, der servierfertige Teller wird stets dampfend für 5 Sekunden in den Kühlschrank gestellt. Klar, das schüchtert so einen heißen
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Kartoffelbrei sicher mächtig ein.
Das Thema „Lieblingsessen“ war schon bei den alten Römern ein Quell familiärer Zwietracht. Kinder haben natürlich ihr Lieblingsessen und man könnte meinen, mit der Zubereitung des Lieblingsessens stünde man auf der sicheren Seite der
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Elternschaft. Das Problem ist nur, dass sich das Lieblingsessen quasi während der Zubereitung ändern kann. Der eben noch heiß geliebte Kaiserschmarren ist dann plötzlich eine Zumutung im Vergleich mit Bratnudeln, die „schon immer“ das einzig wahre Lieblingsessen waren. Und Kinder
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
sitzen dann tatsächlich beleidigt am Tisch und ziehen einen Flunsch während der Puls des Kochs langsam der Ofentemperatur gleichkommt.
Deswegen mein Tipp: Wünscht sich ein Kind sein Lieblingsessen, fragt immer, was in ca. 30 Minuten damit gemeint sein könnte!
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
In der Natur würden unsere Kinder den sorgsam vorgekauten Wurmbrei direkt aus dem elterlichen Schnabel einfach verschmähen, weil „das eklig ist“. Kein Wunder, dass Kinder nicht fliegen können.
Auch ein mühsam erlegtes Gnu würde abgelehnt werden, weil „da was dran ist“.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Dabei ist an Kindern auch ständig „was dran“. Manchmal umgibt sie quasi eine klebrige Aura. Nichts ist eklig genug, als das sie es nicht anfassen oder reinfallen oder reintreten oder damit spielen würden. Aber wehe, eine Pommes ist zu braun.
Am Esstisch fühle ich mich
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
manchmal wie in einer dieser alten Tierdokus. Die immer gleiche Kommentarorenstimme meiner Kindheit ertönt und sagt:
„Und jetzt sehen Sie ganz seltene Bilder des Schmuddeltieres. Noch nie wurde in freier Wildbahn gefilmt, wie sich die Nutellaschnute mit dem Nasenrotz vermengt
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
und das Jungtier, scheinbar noch ohne Hygienebewusstsein, zum Wasserglas greift und trinkt. Im Glas bleibt Nutellanasenrotzwasser zurück, vermischt mit Mortadella vom Brot davor und jetzt trinkt das Menschenkind tatsächlich nochmal vollkommen unbeeindruckt aus diesem Glas während
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
das Elterntier panisch bemerkt, dass die Küchenrolle leer ist.“
Ja, liebe zukünftige Eltern, auch dies ist ein Teil der Wahrheit. Ebenso wie die Tatsache, dass Kinder nur 2 Essgeschwindigkeiten kennen: „Ich bin nach einer Erbse satt“ und „man bringe mir ein drittes Schwein!“
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Jetzt könnte man meinen, dem glitschigen Schnodderkind ist es egal, wie sein Essen aussieht. Von wegen! Wehe, es verirrt sich ein kleines Stück Petersilie auf die Kartoffeln. Zack, ungenießbar!
Und dieser Blick, wenn man ein Kind auffordert, irgendetwas Beanstandetes
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
auf dem Rand des Tellers liegen zu lassen!
Oh. Mein. Gott!!! Dann tun sie so, als hätte man vorgeschlagen, einen großen Kuhfladen auf dem Teller zu platzieren und bitte darum herum zu essen. Vollkommen unzumutbar.
Und jeder kennt es: Große Augen und dicke Backen!
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Das untrügliche Zeichen für: Ich spucke es aus.
Der Spieltrieb unserer lieben Kleinen ist natürlich auch am Esstisch ungebrochen. Papa macht sich Pfeffer aufs Essen?? Das will ich auch! Das könnte danach zu scharf sein?? Egal, ich will eh nur Nachtisch. Und Salz nehme ich auch.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Aber bitte keine Soße, denn jeder Amateur weiß: Die Sollmenge an Soße um einen infinitisimal kleinen Anteil verfehlt, schon ist das Essen ungenießbar. Gleiches gilt, wenn die Soße vom Elternsklaven einen Nanometer neben die zugewiesene Stelle gekleckst wird. Ekelhaft, wenn
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
die Bratwurst etwas Ketchup abkriegt. Das Essen nur noch Tiere.
Kinder sind kleine, hinterlistige Verräter. Und das gilt auch fürs Essen. Das Essen der Großeltern zum Beispiel obliegt einem anderen Bewertungsmaßstab, als das schnöde Essen im elterlichen Heim.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Zuhause zum Beispiel mag Kind2 partout keine Karotten. Alles Karottenähnliche und alles, was vielleicht mal neben einer Karotte im Kühlschrank lag, wird in konsequenter Kleinarbeit aussortiert. Aber bei Oma gab es neulich „so leckere Karottenstückchen“. Ja, mein Kind… hier
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
zuhause werden Karotten ja auch gaaaanz anders geschnitten.
Kind1 wollte Fischstäbchen damals nur mit der „leckeren Kräutersoße aus dem Kindergarten“. Kräutersoße?? Weitere Beschreibungen waren eher unspezifisch. Ich servierte diverse Kräutersoßen. Alle eklig. Per Zufall stand
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
ich Monate später in der Kita-Küche und was sehe ich dort stehen? Genau, den 10 Liter-Eimer Remoulade. Toll, endlich raffinierte Kräutersoße.
Kinder im Restaurant sind ja eigentlich einen eigenen Thread wert. Aber eines nehme ich gerne vorweg: Wenn es nicht Mac Donalds ist,
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
dann ist es auch keinen Ausflug wert. Und irgendwann wachsen sie über Nacht aus dem Pinocchioteller-Alter heraus und bestellen „das 400g-Rumpsteak mit doppelter Portion Pommes und Knoblauchbaguette in einer extra Schubkarre.“ Aber dies ist eine andere Geschichte.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Denn was ich Euch eigentlich sagen wollte:
Guten Appetit.
Es gibt Nudeln mit Tomatensoße.— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) May 29, 2021
Das sagen andere User:
Schaut man sich die Kommentare der meisten Leser an, so wirken einige Eltern durchaus ein bisschen traumatisiert, was die Verpflegung ihrer Brut angeht. Für die humoristische Aufarbeitung der einzelnen Probleme gab es dementsprechend viel Lob und Applaus. Ein paar der besten Ergänzungen und Antworten haben wir hier für euch zusammengetragen.
2 Sachen:
Ich habe jahrelang gelogen. Richtig gemein gelogen. Die Motzgurken wissen heute noch nicht, wie viel Gemüse ich in die Tomatensoße püriert habe und dass das leckere Hackfleisch („das hab ich nie wieder so gegessen wie damals 🙄 bei Dir!“) eigentlich aus gehackten 1/— storm at home 🏴☠️🇪🇺🇫🇷🇩🇪🇺🇸🇬🇧🇺🇳 (@stormyseas212) May 29, 2021
Pilzen („Wäääääääääh, wassn das ekliges!!!“) bestand.
Und Engelberts Brut sitzt todsicher nach einem herzigen „Piep Piep Piep, guten Appetit, wir ham uns alle lieb!“ glücklich gesunde Getreidebuletten mit Karotten und Erbsen mampfend am Tisch. Jede Wette. Arschnasen.— storm at home 🏴☠️🇪🇺🇫🇷🇩🇪🇺🇸🇬🇧🇺🇳 (@stormyseas212) May 29, 2021
Reaktion meiner Kids auf Petersilienkartoffeln
„Mama, die Kartoffeln sind dreckig. Das ess ich nicht!“
Aber draussen schön den dreckigen Stein abgelutscht oder Schneckenhaus im Mund zum ’sauber machen‘— Fräulein Von Unruh (@FrauleinUnruh) May 29, 2021
Wenn Mama gekocht hat, ist Prinzessin auch die Stiftung Warentest in Person.
Wenn Mama nicht da ist, überlegt sie sich das genauer.
Papa macht nämlich diese Spirenzchen nicht mit.
„Selbstfolter“ oder Hunger… und plötzlich schmeckt’s dann doch.— OnkelFester (@OnkelFester) May 29, 2021
Ich hab Tränen gelacht beim Nutellanasenrotzwasser. Meine kleine Schwester hat beim Trinken immer den letzten Schluck wieder ins Glas zurücklaufen lassen.
Wi-der-lich! 😂😂😂— YviMiez 🇪🇺🌱♀️🔭🔬🖖😷🐈 (@YviMiez) May 29, 2021
FORSCHBA, wenn die Stulle falsch oder nicht geschnitten ist. Wobei geschnitten gleichzeitig falsch und richtig sein kann. Meist aber auf jeden Fall falsch.
— Volka Racho (@DrPetz) May 29, 2021
Danke für eure Aufmerksamkeit, wer den letzten Thread von @doppeldaumen verpasst hat, klickt am besten hier: