Thread: Ja, die Bildung der Kinder macht mir Sorgen!
Am vergangenen Mittwoch haben sich die Bundesländer darauf verständigt, in den kommenden Wochen Schulen und Kitas wieder schrittweise zu öffnen. Dass hier nahezu jedes Bundesland wie gewohnt eigenmächtig entscheidet und agiert, war abzusehen – Bildung ist schließlich Ländersache. Als eines der ersten Länder startet heute Sachsen in den sogenannten eingeschränkten Regelbetrieb. Mehr als 150.000 Grundschülerinnen und Grundschüler werden in den Klassenzimmern erwartet. Zahlreiche andere Länder werden am 22. Februar nachziehen, andere am 1. März, während in Niedersachsen die Schulen zum Teil bereits seit Januar geöffnet sind. Nur zum Verständnis: Weder Erzieherinnen oder Erzieher noch Lehrkräfte sind aktuell geimpft und werden dies voraussichtlich auch in den nächsten Wochen nicht sein. Eine Testpflicht ist aus heutiger Sicht ebenfalls nicht absehbar.
Die meisten Expertinnen und Experten sehen diesen Schritt kritisch, zumal aktuell die Verbreitung der Mutanten auch in Deutschland zunimmt. Viele sehen in der Öffnung daher ein gewagtes und gar gefährliches Experiment. Ja, Bildung und Betreuungsangebote sind wichtig. Verdammt wichtig sogar. Doch was wurde in den vergangenen Pandemie-Monaten dafür getan, sichere Bildung sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Lehrkräfte und sichere Betreuung für Erzieherinnen und Erzieher und anderes Personal zu ermöglichen? Eine belastbare Strategie scheint es auch nach einem knappen Jahr nicht zu geben und genau hier liegt die Gefahr. Eine große gesundheitliche Gefahr sowieso, zudem aber auch die Gefahr, weiterhin fahrlässig das Vertrauen der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen. Denn während die selbst ernannten „Querdenker“ und Solidaritätsverweigerer zwar am lautesten und provokantesten schreien, so steht der überwiegende Teil der Bevölkerung, der Eltern und Familien in diesem Land weiterhin hinter den meisten Maßnahmen. Maßnahmen, die, so schwer sie uns allen fallen, notwendig sind, um in absehbarer Zeit wieder zur Normalität zurückzukehren. Im Zusammenhang mit Schulschließungen macht sich auch Twitteruserin @BMauschen Sorgen um die Bildung der Kinder, doch auch um das Anspruchs- und Leistungsdenken und die dadurch erst entstehenden Gefahren und Sorgen. Der folgende Thread ist daher nicht nur für Schülerinnen und Schüler, sondern ganz besonders auch für Eltern und ja, eigentlich für uns alle wichtig und lesenswert!
Ja, die #Bildung der Kinder macht mir Sorgen.
Aber ich habe die erste G8-Generation bei uns an der Uni erlebt. Und wisst ihr, was uns da aufgefallen ist?
Die waren nervös und eingeschüchtert, weil ihnen jahrelang von Presse und Gesellschaft erklärt wurde, dass sie es (1/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
so super schwer haben würden.
Das war der Jahrgang, wo sie beim Dozentenkennenlernen auffällig oft gefragt haben, wie man später an Promotionsstellen und Jobs kommt.
Die waren oft geradezu panisch, wenn Klausuren anstanden oder wenn sie mal durch eine durchgefallen waren. (2/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
Was sie nicht waren: Schlecht, dumm und unfähig.
Aber gestresst waren sie, von den Ansprüchen, die eine Debatte um ihre zukünftige Arbeitsmarktfähigkeit ihnen von klein auf aufgedrängt hat.
Und ja, auch die Coronazeit ist eine riesige Belastung für Schulkinder. Und darüber (3/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
müssen wir reden, klar.
Aber diese Debatten bekommen sie mit. Und diese Debatten schüchtern sie ein, wenn sie sie ständig mit dem Bild einer zukünftigen Versagergeneration konfrontieren.
Und das ist keine Folge von Corona und den Massnahmen dagegen. Das ist etwas, das wir (4/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
ihnen aufbürden. Und auch da gilt es, verantwortungsvoll zu sein, gerade im Internetzeitalter, wo Medien und Social Media eben allen zugänglich sind.
Die Umstellung auf G8, selbst die Nachkriegszeit haben nicht zu Generationen von Bildungsversagern geführt und ich halte die (5/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
Kinder von heute nicht für unfähig. Mit etwas Hilfe können die mit sehr vielem eingermaßen gut umgehen. Aber dass WIR ihnen das zutrauen, das müssen wir ihnen mitgeben.
Und dieses Vertrauen vermisse ich von selbsternannten Fürsprechern „in der Krise“, aber auch von (6/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
Kultusministern.
Und dass hier zuweilen „Panikmache“ auf dem Rücken und zum Schaden von Kindern stattfindet, um egoistische Interessen durchzusetzen – das macht mich wütend.
Und wenn ich einem Teil von Euren Kindern später an der Uni ein bisschen mehr beibringen muss – (7/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
mich werdet ihr nicht jammern hören.
Das sind sie mir wert! Denn ich galube daran, dass auch aus dieser Generation tolle Menschen werden, selbst wenn wir heute einiges an Mist bauen!Mäuschen out (8/8)
— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 9, 2021
Ergänzung:
Nachtrag: Danke für die vielen tollen Diskussionsbeiträge. Zwei allgemeine Anmerkungen:
Ich rede von Gymnasiasten und Akademikern, weil ich die direkt beobachtet habe, aber ich glaube fest, dass auch andere Schul- und Ausbildungswege unter der Debattenkultur als zusätzlichem(9/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 10, 2021
Stressfaktor leiden – teilweise vielleicht sogar noch mehr, da sie das zusätzlich zu einer zu oft sowieso schon empfundenen Abwertung tragen müssen. Gerade hier darf Wertschätzung und Vertrauen nicht zu kurz kommen!
Und zum zweiten: Natürlich gibt es viele echte (10/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 10, 2021
Probleme, die wir auch benennen und diskutieren müssen – von Bildungsgerechtigkeit über Leistungsstress zu veralteten Konzepten usw. Aber das muss alles weit über Corona hinaus angegangen werden und auch hier sollten wir klarer auf Verbesserungen hinarbeiten, als (11/8)
— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 10, 2021
in die „früher war alles besser“ und „ach, die Kinder von heute, aus denen wird nix“-Falle zu tappen. Denn das sind Stereotypen, die nur Druck aufbauen, einem oft verklärten Ideal nachzueifern, die aber nicht gemeinsam mit den Heranwachsenden von heute konstruktiv für die (12/8)
— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 10, 2021
Zukunft planen.
Nach der Krise gilt es, all das nicht zu vergessen.
Jetzt gilt es, zu unterstützen, zu helfen und die Leistungen von jetzt anzuerkennen – ohne den Blick nur auf den Abstand zu einem Ideal der Wirtschaft oder der Generation davor zu fokussieren.
Und ja, dazu (13/8)— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 10, 2021
gehört auch in den kommenden Jahren etwas Flexibilität und Verständnis, wenn eine Schülergeneration zwar technisch brilliant und medienkompetent ist, aber ab und zu nochmal ein bisschen Hilfe mit dem Dreisatz oder Kommasetzung braucht! (14/8)
— Bissiges Mäuschen 🐭 (@BMauschen) February 10, 2021