Thread: Ich mag nicht mehr still sein
Die Corona-Pandemie hat offenbart, was viele längst wussten. Überall da, wo in unserer Gesellschaft ein Dienst am Menschen erbracht wird, ohne dass es eine finanzielle Triebfeder gibt – sprich nahezu alle Sozialberufe – da brennt es. Und nicht erst seit gestern oder vorgestern. Über den medizinischen Bereich, insbesondere über die Situation in der Pflege, haben wir ja schon häufiger berichtet. Heute wollen wir aber noch mal dem Bildungsbereich unsere volle Aufmerksamkeit widmen. Die wunderbare @liniertkariert, ihres Zeichens Zweifachmama und Lehrerin, schildert in dem nun folgenden Thread, wie es um die Stimmung an den Schulen bestellt ist. Dies betrifft Schüler, Lehrer und Eltern. Das Schlimme ist, dass man im Moment den Eindruck bekommt, dass sich auch in Zukunft wenig ändern wird. Das darf auf keinen Fall so bleiben.
Jahrelang auf jedes Wort geachtet, um den Politiker:innen nicht auf die Füße zu treten.
Aber ich mag nicht mehr still sein. Meine Klassen, meine Kinder brauchen unsere Stimmen.
Das, was seit Monaten in unseren Schulen passieren soll und muss, lässt mich fassungslos zurück.1/…
— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Weil man jahrelang Konzepte verschlafen, digitale Wege vernachlässigt und Schulgebäude verfallen lassen hat, wird sich nun mit fadenscheinigen Argumenten an Präsenzunterricht geklammert. Und es sind diese Argumente, die mich so wütend machen.
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
„Das Recht auf Bildung ist essentiell. Bildung ist ein so hohes Gut. Ausfälle müssen verhindert werden.“
Wenn euch ungestörte Bildung vor Ort so unfassbar am Herzen liegt, wo sind dann seit Jahren eure Wahlprogramme, die das in den Fokus stellen?
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Wo sind die Gelder für moderne, offene Schulgebäude? Wo sind eure Maßnahmen, den Lehrberuf wieder so attraktiv zu gestalten, dass ihn wieder mehr Menschen ergreifen wollen?
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Wo ist eure Unterstützung (Personal, Finanzen) bei der wichtigen Aufgabe, inklusives/individuelles Lernen zu ermöglichen? Warum kümmert es euch seit Jahren kaum, dass wir aus Mangel so viele Ausfälle haben und teils 2-3 Klassen gleichzeitig betreuen?
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Wo sind all die versprochenen Mittel, um die Schulen digital fit zu machen und moderne, lebensnahe Bildung zu ermöglichen? Ich als Medienbeauftragte muss seit Jahren trotz Expertise und Willen um jeden Cent kämpfen und nicht immer gewinne ich.
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
„Für manche Schüler:innen ist die Schule ein Zufluchtsort. Darum müssen sie offenbleiben.“
Ja, diese Kinder gibt es. Ich begleite und unterstütze sie seit vielen Jahren. Plötzlich sind sie euch wichtig, weil sie ein tolles Argument sind?
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Wo ist eurer Fokus sonst auf diesen Kindern und ihren Familien? Wieder vermisse ich diesen Fokus in Wahlprogrammen?
Wo ist sonst euer Bemühen um diese Kinder, die jetzt plötzlich so wichtig sind?
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Wo sind die Mittel für die Einrichtungen, die sich um diese Kinder kümmern?
Jugendamtsmitarbeiter:innen saßen nicht selten weinend in meinem Klassenzimmer. Weil es an Personal fehlt. An Möglichkeiten. An Unterstützung. Zu wenigen kann geholfen werden.
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Wo ist da eure Verantwortung? „Schule als einziger Zufluchtsort“
kann doch keine langfristige, politische Lösung zur Unterstützung sein. Ja, ich bin eine Schutzperson und ich biete von Herzen diesen Ort. Aber darin werde ich seit Jahren nicht politisch unterstützt.10/…
— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Abschließend – Ich bin für verantwortungsbewusste Lösungen. Die den Infektionsschutz ernst nehmen und trotzdem ausreichend (Not-)Betreuung für die Familien und Kinder gewährleisten, die das brauchen. Aus beruflichen oder eben Schutzgründen.
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Aber ich wünsche mir von politischer Seite Offenheit und das Eingestehen von Versäumnissen. Ich möchte keine vorgeschobenen Argumente mehr und kein dauerndes Abwälzen von Verantwortung auf Familien oder Schulleitungen und Lehrkräften. Ich wünsche mir Augenhöhe und Gehör.
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Ähnliches gilt im Übrigen auf für KiTas, die vor gleichen Herausforderungen stehen und über die kaum gesprochen wird.
Danke für eure wertvolle Arbeit.13/…
— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021
Ich liebe meinen Beruf. Die Arbeit mit den Kindern. Ich bin bereit, Anstrengungen zu meistern und Verantwortung zu übernehmen. Ich bin dankbar dafür, dass er finanziell gesichert ist und weiß, wie vielen es gerade anders geht. Aber diese Worte waren mir wichtig.
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— Sassi (@liniertkariert) January 4, 2021