Thread: Ich bin heute ein wenig böse auf euch
Vor ein paar Tagen gab es erneut einen Autogipfel mit der Kanzlerin, mit dem Ergebnis, dass die Politik weitere drei Milliarden Euro in die Branche pumpt. Die Kaufprämien für E-Fahrzeuge wurden verlängert, beim Ladenetzausbau nachgebessert, ein Umstiegsprogramm auf sauberere LKW ins Leben gerufen und einen Zukunftsfonds für Zulieferer geschaffen. So gut diese Ansätze sind, so greifen sie für eine echte Verkehrswende viel zu kurz. Hierfür müssten nämlich Fahrradfahrer und ÖPNV noch stärker gefördert werden. Beides Bereiche, in denen es nicht gerade eine starke Lobby gibt. Ganz zu Schweigen davon, dass das Verkehrsministerium von der CSU geführt wird, dessen oberster Entscheider Andi Scheuer heißt. Aber die eigentliche Frage, die sich aufdrängt, ist, ob eine echte Verkehrswende in Deutschland überhaupt gesellschaftlich gewollt ist. Die Zahlen im klassischen Individualverkehr lassen einen da zweifeln. Mit Stand 1. Januar des Jahres 2020 gab es mit rund 47,7 Millionen Fahrzeugen einen neuen Höchstwert an Fahrzeugen in der Bundesrepublik. Diese Frage hat sich auch die Userin @kkklawitter gestellt und den nun folgenden Thread geschrieben.
1/x Ich bin heute ein wenig böse auf euch, aber manchmal macht ihr mich auch echt fertig.
Für euch ist es also ok, dass deutsche PKW durchschnittlich 23 Stunden und 15 Minuten rumstehen, wenn sie fahren, nur 1,3 Personen an Bord haben – aber ÖPNV nennt ihr ineffizient? #MicDrop
— She Drives Mobility (@kkklawitter) November 11, 2020
2/x
In Berlin lasst ihr dem fahrenden und geparkten Auto 2.000 Fußballfelder und zäunt Gebiete ein, in denen Kindern spielen dürfen und nennt sie dann „Spielplatz“. Bitte nicht verlassen, ist gefährlich mein Kind.— She Drives Mobility (@kkklawitter) November 11, 2020
3/x
Ihr wollt, dass sich am autozentrierten Status Quo nichts ändert, gönnt aber trotzdem „den anderen“, dass es besser wird. Hm. Wie denn?
Doppelstöckige Autobahnen durch Hamburg?— She Drives Mobility (@kkklawitter) November 11, 2020
4/x
Freiheit, die ihr meint, misst sich an fehlenden Geschwindigkeitsbegrenzungen und dem Familienauto, das jedes Jahr größer wird. Was ist mit der Freiheit, auf der eure Freiheit fußt? Sind Menschen ohne Auto schlicht doof genug, auf das Privileg zu verzichten?— She Drives Mobility (@kkklawitter) November 11, 2020
5/x
Oder ist ein Auto für manche gar nicht mehr erreichbar?
Würden viele darauf verzichten und die 300 Euro im Monat anderweitig verwenden? Wollt ihr wirklich etwas verändern? Oder steigt ihr erst um, wenn Katja euch das Auto 1:1 ersetzen kann?— She Drives Mobility (@kkklawitter) November 11, 2020
6/x#Funfact: Kann sie nicht!
Und daher braucht es mehr Träume von lebenswerten, ruhigen, kinderfreundlichen Städten, die ICH träume, die ich grad mal ’ne Katze habe. Könnt ihr bitte helfen, etwas zu bewegen? Und nein, es geht nicht nur um Emissionen wie CO2, Stickoxide und Lärm.— She Drives Mobility (@kkklawitter) November 11, 2020
7/7
Es geht um ein gutes Leben für alle.
Die Wahl haben.
Sind wir dazu bereit?
Anderen ein gutes Leben zu gönnen, auch wenn es heißt, auf Privilegien zu verzichten, die die Freiheit anderer einschränken?
Ich traue euch noch nicht so recht, dass ihr das WIRKLICH WIRKLICH wollt.— She Drives Mobility (@kkklawitter) November 11, 2020
Das sagen andere User:
Autozentrische Verkehrspolitik bedeutet letztlich, das reiche Individuum über die Gesellschaft zu stellen – eine perfide Form tödlichen Elitismus, während wir gleichzeitig über das indische Kastenwesen und die amerikanische Unart, Menschenleben zu bepreisen den Kopf schütteln…
— Aʟᴇx Lᴏʜʀ (@lexLohr) November 12, 2020
Es ist so offensichtlich, dass was passieren muss. Und es ist so frustrierend, wie ignorant (in der Politik usw) darauf reagiert wird. Vielen, vielen Dank für dein Engagement
— Kirsten Jacob (@kirsten_jacob) November 11, 2020
Ich verstehe deinen Frust voll. Dass mein Auto die meiste Zeit nur rumsteht, stimmt. Doch nutze ich den ÖPNV nach Möglichkeit auch. Meist aber nicht den Bus, sondern erst ab dem Bahnhof. Dorf eben.
Deinen unermüdlichen Einsatz finde ich motivierend. Fahrrad hab ich bald wieder.— Daril Steelbone (@Darrior) November 11, 2020
Ich wohne auf dem Land, habe keinen Führerschein, nie besessen. Was da nervt ist, dass es nicht einmal Pläne gibt vernünftige ÖPNV-Angebote für Arbeitnehmer zu machen.
ÖPNV ist für Schüler und Rentner. Das denken die sich scheinbar.— Daarin / [email protected] 🌍🇪🇺 (@daarin) November 12, 2020