Thread: Geliefert wie bestellt – über den deutschen Einzelhandel
Dass die Corona-Krise und der damit verbundene Lockdown eine große Bedrohung und teils auch eine existenzielle Krise für den Handel – und vor allem den Einzelhandel – darstellen, sollte nach knapp einem Jahr jedem klar sein. Der Großteil der Geschäfte in den Innenstädten hatte im vergangenen Jahr schließlich länger geschlossen als geöffnet. Doch auch ganz ohne Corona war zuvor häufig zu lesen, dass es um den Einzelhandel in Deutschland nicht allzu gut bestellt ist. Dass hier auch der von Jahr zu Jahr zunehmende Online-Handel eine sehr gewichtige Rolle spielt, ist nicht von der Hand zu weisen. (Übrigens: Der Online-Handel besteht bei Weitem nicht nur aus Amazon!) Und ja, es gibt auch Geschäfte, die sich mit kreativen und mutigen Lösungen und Ideen der Digitalisierung stellen. Dennoch: Die vielfältigen Probleme des Einzelhandels lediglich und ausschließlich auf Online-Händler zu schieben, ist zu einfach. Und so auch nicht richtig. Die durchaus differenzierten Antworten im Thread von @TomKraftwerk fassen gut zusammen, was viele Kundinnen und Kunden zum Online-Kauf drängt. Spoileralarm: Es ist nicht immer nur Bequemlichkeit.
Deutscher Einzelhandel:
„Amazon ist schuld daran, dass wir pleite gehen!“Auch deutscher Einzelhandel:
„Meinen Online-Shop baut der kleine Neffe meiner Sekretärin während seines Praktikums, so spare ich viel Geld hehehehe.“— Tom Kraftwerk (@TomKraftwerk) December 29, 2020
Wie es gibt auch Menschen mit anderen Körpergrößen und Körperformen…na da gibt’s keinen Absatz für. Warum immer dieselben Größen ausverkauft sind? Keine Ahnung….
Oder auch ein Evergreen: Sowas gibt’s gar nicht.
— Maike (@Tarlancien) December 29, 2020
Auf den ganzen Service, fehlende Kartenzahlung, keine Geschenke einpacken, whatever, würde ich ja vielleicht noch verzichten, wenn der Einzelhandel das täte, wofür er sich selbst rühmt: fachkundig beraten.
— 🎄 Frau Etabliert taumelt in den Advent 🕯️ (@FrauEtabliert) December 29, 2020
2/2 Aber halt nur, wenn der mir in irgendeinerweise erhaltenswert erscheint. Wenn mir da lustlose Muffel, die ich vorher erst mal ne halbe Stunde suchen muss, die Verpackung vorlesen, weiß ich jetzt auch nicht genau, warum ich dafür das Haus verlassen und mehr bezahlen soll. 🤷
— 🎄 Frau Etabliert taumelt in den Advent 🕯️ (@FrauEtabliert) December 29, 2020
Auch deutscher Einzelhandel:
Kundin „Guten Tag, ich brauche [normales Ding].“
Einzelhandel „Was soll das denn sein? Naja, nehmse halt [so ähnlich wie Ding in schrottig], kostet [doppelt so viel wie Ding online].“
K „nein danke, ich suche schon genau [Ding].“
EH „mimimi Amazon!“— Seelentier: Puffmutter (@SPuffmutter) December 29, 2020
Oder der hier: mein Mann im örtlichen Handel „Könnten Sie es mir als Geschenk verpacken?“
„Junger Mann, ich bin Fachverkäuferin. Keine Einpackhilfe.“
Mein Mann später:
Button: jetzt Geschenkverpackung dazu bestellen
Voila!— Heart of a lioness🖤 😎 (@plioness78) December 29, 2020
Spielzeuggeschäft: „nee, kann ich Ihnen nicht bestellen, können Sie in unserm Onlineshop bestellen“…
Während mein Buchhändler das komplette Gegenteil ist. Guter Shop, mega freundlich, gute Beratung, besorgt, was irgendwie geht.
— TePoztlan (@te_poztlan) December 29, 2020
Auch deutscher Einzelhandel:“Hab ich nicht da, kann ich ihnen bestellen. Dann können sie es nächste Woche abholen“ – „Schicken sie es mir nach Hause, wenn ich jetzt bezahle ?“ – „Nein, nur abholen.“
Danke, dann bestelle ich selbst.— Heart of a lioness🖤 😎 (@plioness78) December 29, 2020
Letztes Jahr im Schuhfachgeschäft für Ü und U-Grössen: „Ich hätte gern ein Paar Lederstiefel in Gr. 42“ , O-Ton Verkäuferin: „nee Lederstiefel – stell ich mir nicht hin, die kauft keiner“
— Elbina aus MD (@ElbinaMd) December 29, 2020
Schuheinzelhandel: Ich würde gerne die Füße meiner Tochter ausmessen lassen u. wir bräuchten neue Winterschuhe. Da hinten können sie die Füße selbst ausmessen. Winterschuhe im Dezember? Die sind schon ausverkauft. Warum gehe ich in den Einzelhandel um mich beraten zu lassen?
— Familie_Fine💜 (@schaefchenmom) December 29, 2020
Ihr sprecht mir alle aus der Seele. Beratung? Meist Fehlanzeige. Service? Meist Fehlanzeige. Problemloser Umtausch? Nur mit Kassenzettel und 1000x entschuldigen
— RoPert (@pert_ro) December 29, 2020
Mein Highlight in der örtlichen Buchhandlung:
„Haben Sie dieses englische Buch?“
„Puuh, kann das bestellen, dauert 6 Wochen, warum bestellen Sie nicht einfach auf Amazon?!?“
🤡— Viviwillswissen🏡 (@viviwillswissen) December 29, 2020
Auch Einzelhandel: Zahlung mit EC Karte erst ab 10€, Kreditkarte nehmen wir gar nicht.
— Die Pausenfuesslerin (@pausenfuessler) December 29, 2020
„Suche Adapter X zu Y.“
„Sowas gibt es nicht.“
„Habe einen zuhause! Brauche zwei.“
„Funktioniert nicht!“
„Doch, schon getestet!“
„Nein, kann nicht funktionieren!“
„Egal, gib her!“
„Nein, funktioniert nicht!!!“
*Amazonbestellgeräusch*
Funktioniert eben doch!— Michael Sessler (@michaelsessler) December 30, 2020
Entschuldigen Sie, können sie mir bitte den 10er für den Einkaufswagen wechseln?
Deutscher Einzelhandel: „Nein das dürfen wir nicht, Anweisung vom Chef!“
— Babbeltrash Misanthrop 😷 (#StayAtHome) (@GibMirTrashTV) December 29, 2020
#Ehre! Und genauso ist es.
Dazu, meine lieblings Aussage in Bayern. Homepage, Online Shop? Brauchen wir nicht. Hat auch früher funktioniert. Unsere Restaurants könnten gerade Geld verdienen, aber lieferservice ist zu schwer zu realisieren 🤦♂️— DeVasElienE (@EliasVaselienas) December 29, 2020
Der lokale Textilhändler hier hatte bis Mitte Dezember gar keinen Online-Shop, hat im ersten ‚Lockdown‘ aber eine ganze Seite in der Regionalzeitung gekauft um eine ‚Todesanzeige‘ für den lokalen Einzelhandel zu schalten.
— Arne Kemper (@buumann) December 29, 2020
Können wir uns einfach darauf einigen, dass sich weder Kund*innen noch Händler*innen königlich verhalten sollten?