Thread: Geld und Journalismus
Es hält sich ja immer noch hartnäckig das Gerücht, der Beruf des Journalisten werde unanständig gut vergütet.
Es reiht sich damit in das Klischee des Arztes ein, der per se als reicher Halbgott in weiß gilt. Dass die Ausbildung bzw. das Studium langwierig und teuer ist, wird dabei vergessen. Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen diesen beiden Berufsständen wäre dann noch das Ansehen in der Gesellschaft. Früher beliebt und respektiert, heute beschimpft und pauschal verurteilt. Höchste Zeit mit den Vorurteilen aufzuräumen. Da kommt der nun folgende Thread von @tohausdorf gerade recht, der einen sehr detailierten Einblick darüber gibt, wie schwer der Einstieg ins Berufsleben eines Journalisten tatsächlich ist. Und am Ende stellt sich eigentlich nur noch die Frage, warum wir nicht alle generell mehr über Geld reden. Denn die Zustände, die er beschreibt, lassen sich auch leider auf andere Branchen übertragen.
Ich wollt’s eigentlich nicht. Aber ich muss: Über Geld und Journalismus reden. Ich bin im 13. Jahrgang der #ejs_berlin, wir sind 16 Leute und momentan alle in Praxisstationen im Radio, öffentlich-rechtlich. Und ich hab mal gefragt, wie viele ein Entgelt bekommen. Na? Any guesses?
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
Joa, so 11 von 16 bekommen nichts. Also 0€ für drei Monate Praktikum. Von den 11 bekommen 3 nach einigen Wochen etwas, weil sie bei dann bei einem anderen Sender hospitieren. Und für alle von uns, für 16 von 16 Leuten ist das nicht das erste Praktikum. Bei mir ist es das achte.
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
Das achte Praktikum: fünf während des Studiums und bisher zwei im Volontariat – mein Vater, Zimmermeister, schüttelt seit Jahren den Kopf – aber es ist das erste unbezahlte. Wen schließt das alles aus von Journalismus?!
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
Wenn immer die gleichen Leute Journalist*innen werden, dann ist das nicht nur unfair, sondern auch schlecht für die Demokratie. Meine Eltern, beide haben nicht studiert, beide ostdeutsch, meinten zu mir: „Journalismus? Nein, mach was Sicheres!“ Und ich?
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
Hab in den Semesterferien das nächste Praktikum gemacht, bei der taz, bei SPON Kultur beim Spiegel – hab versucht frei zu arbeiten – als Student sehr schwierig. Kam über die Runden mit BAföG, später mit nem Stipendium. Ohne das könnte ich es mir nicht leisten Journalist zu werden
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
Wer wird ausgeschlossen? Ausgerechnet die Öffentlich-Rechtlichen nehmen das nicht ernst? Ich finanziere über den Rundfunkbeitrag meinen eigenen Praktikumsplatz & in meinem Jahrgang kriegen nicht alle ein Stipendium! Da wird neben dem Praktikum gearbeitet. Danke für die Erfahrung
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
2. Woche im Praktikum: ich springe drei Tage für eine kranke Redakteurin im Studio ein. Sehr gern, klar, ist ne gute Erfahrung. Aber als ich nach einer Bezahlung frage? Geld gibt’s nur für Beiträge, vlt & „nach Ermessen“. Überhaupt ich sei zwar eingesprungen aber nicht vollwertig
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 27, 2019
Meine Vorgesetzte ist froh & dankt, als ich 3 Tage für eine Redakteurin im Studio einspringe. Frag ich nach Geld: Naja, du bist ja nicht vollwertig eingesprungen. Sahen Moderator & Musikredakteur, mit dem ich die Aufnahmeleitung gemacht habe anders. Aber die sind ja auch Freie!
— Tobias Hausdorf (@tohausdorf) November 28, 2019