
Früher war mehr Rücktritt! Ob Klöckner, Scheuer, Caffier, Seehofer oder Giffey, man fragt sich mittlerweile allen Ernstes, ob es überhaupt noch einen Fehltritt gibt, der zu einem Rücktritt führen könnte. Aktuellstes Beispiel ist da unsere SPD-Bundesfamilienministerin, die zukünftig gerne Bürgermeisterin von Berlin werden möchte. Leider gibt es da ein kleines Problem: Die Ministerin hatte 2009 eine Doktorarbeit eingereicht, die laut der Internetseite VroniPlag auf 76 von 205 Seiten Plagiatsfundstellen aufweist. Das Prüfungsgremium der Freien Universität Berlin fand in der Tat 27 Textstellen, an denen Giffey Aussagen fremder Autoren ohne Quellenangabe übernahm. Es beließ es aber im letzten Jahr bei einer Rüge und verzichtete auf den Entzug des Titels. Nun wird die Doktorarbeit jedoch erneut geprüft und Franziska Giffey hat daraufhin angekündigt, ihren Doktortitel künftig nicht mehr zu führen. Ihre Arbeit als Familienministerin will sie entgegen früherer Ankündigungen weiter fortsetzen. Seit letzte Woche kursiert auf Twitter eine handschriftlich verfasste Notiz, die der SPD-Landesverband Berlin, dessen Vorsitzende Giffey werden möchte, verbreitet hat. Lorenz Meyer hat sich die Notiz vorgenommen und detailiert analysiert.
Familienministerin Franziska #Giffey (SPD) will künftig nicht mehr auf Plagiate in ihrer Doktorarbeit angesprochen werden und hat dazu eine bemerkenswerte Erklärung voller Finten, Opfersprech und Pathos abgegeben. Wir schauen uns das mal an. 1/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Familienministerin Franziska #Giffey (SPD) will künftig nicht mehr auf Plagiate in ihrer Doktorarbeit angesprochen werden und hat dazu eine bemerkenswerte Erklärung voller Finten, Opfersprech und Pathos abgegeben. Wir schauen uns das mal an. 1/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Um es vorwegzunehmen: Giffeys Text ist eine Mischung aus uneinsichtiger “Nonpology” (Nicht-Entschuldigung ohne Reue), halbherziger Rückgabe von Diebesgut in der Hoffnung auf Straferlass und Vergesslichkeit, allerlei Opfer- und Märtyrer-Getue und Wahlkampf-Geklingel. 2/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Um es vorwegzunehmen: Giffeys Text ist eine Mischung aus uneinsichtiger “Nonpology” (Nicht-Entschuldigung ohne Reue), halbherziger Rückgabe von Diebesgut in der Hoffnung auf Straferlass und Vergesslichkeit, allerlei Opfer- und Märtyrer-Getue und Wahlkampf-Geklingel. 2/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Ihre Intro soll nüchtern, objektiv und protokollarisch klingen. Das nachträgliche Prüfverfahren wegen Plagiatsverdacht stellt sie als “Entscheidung über mein Promotionsverfahren” dar. Die Metabotschaft: Eigentlich nur ein Verwaltungsakt wie viele andere. 3/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Ihre Intro soll nüchtern, objektiv und protokollarisch klingen. Das nachträgliche Prüfverfahren wegen Plagiatsverdacht stellt sie als “Entscheidung über mein Promotionsverfahren” dar. Die Metabotschaft: Eigentlich nur ein Verwaltungsakt wie viele andere. 3/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Das Präsidium revidiert seine Entscheidung. Und was macht man, wenn man seine Verachtung über etwas kommunizieren, aber keine Schimpfwörter verwenden will? Man reagiert mit einem effektheischenden „Das nehme ich zur Kenntnis.“ 4/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Das Präsidium revidiert seine Entscheidung. Und was macht man, wenn man seine Verachtung über etwas kommunizieren, aber keine Schimpfwörter verwenden will? Man reagiert mit einem effektheischenden „Das nehme ich zur Kenntnis.“ 4/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Die konkret vorliegenden Täuschungsvorwürfe beantwortet Giffey mit einem Allgemeinplatz, der nichts zur Aufklärung beiträgt. Es ist schließlich eine Selbstverständlichkeit, dass eine Promotionsschrift “nach bestem Wissen und Gewissen” verfasst wird. 5/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Die konkret vorliegenden Täuschungsvorwürfe beantwortet Giffey mit einem Allgemeinplatz, der nichts zur Aufklärung beiträgt. Es ist schließlich eine Selbstverständlichkeit, dass eine Promotionsschrift “nach bestem Wissen und Gewissen” verfasst wird. 5/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Dieser lange Passus lässt außer Acht, dass die Universität eine Rüge ausgesprochen hat, dass die Prüfer womöglich befangen waren (Verbindungen zu Giffeys Doktormutter) und immerhin eine „objektive Täuschung“ an 27 Stellen festgestellt wurde. 6/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Dieser lange Passus lässt außer Acht, dass die Universität eine Rüge ausgesprochen hat, dass die Prüfer womöglich befangen waren (Verbindungen zu Giffeys Doktormutter) und immerhin eine „objektive Täuschung“ an 27 Stellen festgestellt wurde. 6/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Giffey inszeniert sich als Justiz-Opfer, denn eigentlich sei sie die Getäuschte. Interessant: Sie geht bereits von einer “anderen Einschätzung” der Universität über die Entziehung des Doktortitels aus. Anscheinend ahnt sie den Ausgang. 7/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Giffey inszeniert sich als Justiz-Opfer, denn eigentlich sei sie die Getäuschte. Interessant: Sie geht bereits von einer “anderen Einschätzung” der Universität über die Entziehung des Doktortitels aus. Anscheinend ahnt sie den Ausgang. 7/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Deshalb geht sie direkt in den Angriff über: Das Verfahren ist nicht Herr über sie – sie ist die Herrin über das Verfahren! Bei der Gelegenheit wird die Diskussion um möglicherweise persönliches Fehlverhalten in eine “politische Auseinandersetzung” umgedeutet. 8/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Deshalb geht sie direkt in den Angriff über: Das Verfahren ist nicht Herr über sie – sie ist die Herrin über das Verfahren! Bei der Gelegenheit wird die Diskussion um möglicherweise persönliches Fehlverhalten in eine “politische Auseinandersetzung” umgedeutet. 8/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Wir rekapitulieren ihre Botschaft:
1. Der “Vorgang” ist verjährt bzw. längst entschieden
2. Giffey sieht sich als Opfer eines Justiz- bzw. Behörden-Irrtums und politischer Intrigen.
3. Die Arbeit war allererste Sahne. (“summa cum laude”)
9/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Wir rekapitulieren ihre Botschaft:
1. Der “Vorgang” ist verjährt bzw. längst entschieden
2. Giffey sieht sich als Opfer eines Justiz- bzw. Behörden-Irrtums und politischer Intrigen.
3. Die Arbeit war allererste Sahne. (“summa cum laude”)9/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Was sie weiter kommunizieren will: Es geht gar nicht um die Promotion. Finstere Kräfte wollen sie beschädigen und alles, was ihr nahe steht (Familie, politische Arbeit, Partei). Es ist das Narrativ von der Märtyrerin, die selbstlos Leid auf sich nimmt, um andere zu erlösen. 10/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Was sie weiter kommunizieren will: Es geht gar nicht um die Promotion. Finstere Kräfte wollen sie beschädigen und alles, was ihr nahe steht (Familie, politische Arbeit, Partei). Es ist das Narrativ von der Märtyrerin, die selbstlos Leid auf sich nimmt, um andere zu erlösen. 10/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Dieser kurze Abschnitt klingt zunächst harmlos, hat es aber in sich. Die Eigenlob-getränkte Poesie-Albums-Soße kommt mit einer populistischen und fast wissenschaftsfeindlichen Huckepack-Botschaft daher: “Ach kommt, wer braucht schon einen Doktortitel? Hauptsache Mensch!” 11/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Dieser kurze Abschnitt klingt zunächst harmlos, hat es aber in sich. Die Eigenlob-getränkte Poesie-Albums-Soße kommt mit einer populistischen und fast wissenschaftsfeindlichen Huckepack-Botschaft daher: “Ach kommt, wer braucht schon einen Doktortitel? Hauptsache Mensch!” 11/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Die vielfach vorhandene Titelverachtung liegt ja oft daran, dass manche Leute sich den Titel erschleichen, ohne die Mühen einer echten akademischen Auseinandersetzung auf sich zu nehmen. 12/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Die vielfach vorhandene Titelverachtung liegt ja oft daran, dass manche Leute sich den Titel erschleichen, ohne die Mühen einer echten akademischen Auseinandersetzung auf sich zu nehmen. 12/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Das langjährige Führen eines Doktortitels ist karrierefördernd. Das, was Giffey “ist und kann”, hat sie evtl. auch der Nutzung des Titels in der Vergangenheit zu verdanken.
Zusatzfrage: In wieviel Bewerbungsverfahren hatte sie dadurch einen ggf. ungerechten Vorteil? 13/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Das langjährige Führen eines Doktortitels ist karrierefördernd. Das, was Giffey “ist und kann”, hat sie evtl. auch der Nutzung des Titels in der Vergangenheit zu verdanken.
Zusatzfrage: In wieviel Bewerbungsverfahren hatte sie dadurch einen ggf. ungerechten Vorteil? 13/17— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Nun gleitet Giffey vollends in Pathos, Größenwahn und Selbstüberschätzung ab: Ohne sie werden wir die Jahrhundertkrise nicht meistern können! Das verlangt jedoch “ihren vollen Einsatz und ihre ganze Kraft”. (Metabotschaft: Lasst mich endlich in Ruhe meine Arbeit machen!) 14/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Nun gleitet Giffey vollends in Pathos, Größenwahn und Selbstüberschätzung ab: Ohne sie werden wir die Jahrhundertkrise nicht meistern können! Das verlangt jedoch “ihren vollen Einsatz und ihre ganze Kraft”. (Metabotschaft: Lasst mich endlich in Ruhe meine Arbeit machen!) 14/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Selbst will sie das Wort “Rücktritt” nicht ins Spiel bringen, aber genau darum geht es in diesem Absatz: dem Rücktritt zu entgehen.
Und darum, auszudrücken, dass sie sich für den ganzen Planeten, das Universum und die SPD aufreibt.15/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Selbst will sie das Wort “Rücktritt” nicht ins Spiel bringen, aber genau darum geht es in diesem Absatz: dem Rücktritt zu entgehen.
Und darum, auszudrücken, dass sie sich für den ganzen Planeten, das Universum und die SPD aufreibt.15/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Das Wahlkampfgeklingel am Ende richtet sich vor allem an die eigene Gefolgschaft und soll die Reihen geschlossen halten.
(Giffey will Bürgermeisterin von Berlin werden. Einer ihrer Wahlkampfschwerpunkte: “Schulen und Wissenschaft”… Hier passendes Emoji denken.)
16/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Das Wahlkampfgeklingel am Ende richtet sich vor allem an die eigene Gefolgschaft und soll die Reihen geschlossen halten.
(Giffey will Bürgermeisterin von Berlin werden. Einer ihrer Wahlkampfschwerpunkte: “Schulen und Wissenschaft”… Hier passendes Emoji denken.)
16/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Fazit: Giffey verhält sich wie eine ertappte Autodiebin, die sagt: “Die Karre habe ich jetzt viele Jahre benutzt. In der nächsten Zeit fahre ich sie eh nicht, aber sie bleibt schön hier stehen. Und jetzt hört auf rumzunerven, ich muss die Welt retten.” 17/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Fazit: Giffey verhält sich wie eine ertappte Autodiebin, die sagt: “Die Karre habe ich jetzt viele Jahre benutzt. In der nächsten Zeit fahre ich sie eh nicht, aber sie bleibt schön hier stehen. Und jetzt hört auf rumzunerven, ich muss die Welt retten.” 17/17
— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020
Ergänzung: https://t.co/HDBI9jHjN8
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— Lorenz Meyer (@shengfui) November 14, 2020