Thread: Eine Analyse des Ukraine-Krieges
Mit dem morgigen Tag läuft Putins Angriffskrieg auf die Ukraine schon seit einer Woche. Es sieht absolut nicht danach aus, als würde er ein schnelle Ende nehmen, so sehr wir uns das auch wünschen. Die Gründe dafür sind vielfältig und komplex. Die Situation hochgradig dynamisch. Trotz unterlegener Feuerkraft sind die ukrainische Armee und die vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich dem Kampf angeschlossen haben, im Vorteil. Zumindest für den Moment noch. Pavel Mayer hat sich die Zeit genommen, um die Situation etwas genauer zu analysieren, und darüber den nun folgenden Thread geschrieben. Bitte beachtet dabei: Abhängig davon, wann ihr ihn lest, kann es durchaus sein, dass der eine oder andere Punkt von der Realität überholt wurde.
Ich fürchte, die Ukrainekrise ist erst am Anfang und wird eskalieren. Putin hat sich in mehrfacher Hinsicht verrechnet. Zum einen wird es nicht so schnell und nicht so leicht, die militärischen Ziele zu erreichen, er liegt bereits jetzt im Zeitplan zurück.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Zum anderen hat er die Reaktion der Menschen in aller Welt unterschätzt, auch der eigenen Bevölkerung, aber vor allem werden Bürger in der freien Welt von ihren Regierungen mehr Aktion fordern, als diese (noch) bereit sind, zu zeigen.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Putin hat seine Truppen vor ein praktisch unlösbares Problem gestellt: Zum einen sollen sie die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur schonen, zum anderen Seite sollen sie die Hauptstadt und andere Bevölkerungszentren unter Kontrolle bringen und nur die „Nazis“ töten.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Seine Marionetten in der Ukraine haben sich stets sofort abgesetzt, wenn es brenzlig wurde, und so ging er wohl davon aus, dass die „Marionetten“ des Westens das auch machen würden. Insbesondere hat er den ukrainischen Präsidenten für ein Leichtgewicht gehalten, einen Komiker.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Womit er wohl nicht gerechnet hat ist, dass der Mann sich mit seinem Kabinett hinstellen würde und verkünden, dass sie alle bleiben und kämpfen werden. So etwas machen Marionetten nicht.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Ja, schlimmer noch: Wenn Putin ihn tötet, wird er ihn zum unsterblichen Märtyrer machen, aber ihn lebend gefangen zu nehmen dürfte schwierig sein, wenn er nicht kapituliert, und davon ist eher nicht auszugehen.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Wenn das russische Militär also behutsam vorgehen und nicht die halbe Stadt in Schutt und Asche legen soll, braucht es viele Fußsoldaten, aber es sollen allein in Kiew rund 50.000 Zivilisten bewaffnet worden sein, und dazu noch zigtausend Soldaten.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
„Normalerweise“ ist alles vorbei, wenn man die Führung ausschaltet. Die Verteidiger kapitulieren und werden entwaffnet und man übernimmt die Regierung und Verwaltung und die Polizei und stellt Ruhe und Ordnung wieder her.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Blöd ist nur, wenn niemand kapituliert und die Leute einfach weiter kämpfen, nicht, weil es ihnen jemand befiehlt, sondern weil sie ihre Heimat verteidigen. Putin unterschätzt, wie wirkungsvoll intrinsische Motivation sein kann, weil er gewohnt ist, zu befehlen.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Ein anderes Problem ist, dass er das zu Hause als eine Art Polizeiaktion gegen eine kriminelle Clique verkauft hat, auch vielen wehrpflichtigen Soldaten gegenüber, die sich jetzt wundern, warum die ukrainische Bevölkerung so sauer auf sie ist.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Wenn sich diese „Polizeiaktion“ nun als langwieriger, blutiger Häuserkampf herausstellen sollte und die Russen dabei schwere Waffen einsetzen und doch größere Teile der Stadt zerstören müssen, während die Welt zuschaut, wird der Westen nicht stillhalten können.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die NATO direkt und offen militärisch eingreift, aber es dürfte aus der Bevölkerung großer Druck auf die westlichen Regierungen entstehen, überhaupt keine Geschäfte mehr mit Russland zu machen.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Der Punkt ist nämlich, dass wir alle diese Truppen und Bomben mitfinanzieren, die da gerade Ukrainer töten, und ich glaube, es könnte dazu kommen, dass Russland komplett boykottiert wird und wir kein Gas und Öl aus Russland mehr kaufen werden.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Das wäre sicher ein Riesenproblem auch für uns, aber ich denke, beim Anblick der Bilder aus der Ukraine sind das vergleichsweise Luxusprobleme, und viele im Westen werden nicht nur bereit sein, finanzielle Opfer zu bringen, sondern verlangen,…
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
…dass sie russlandfreies Benzin tanken und russlandfreies Gas verbrennen können und diesen Krieg und dieses Russland mit keinem Cent unterstützen müssen.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Ja, oft ist es so, dass wenn die mediale Aufmerksamkeit schwindet alles schnell vergessen ist, aber dieser Krieg hat eine andere Dimension als alles, was ich in meinem Leben an Kriegen mitbekommen habe.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Das liegt zum einen daran, dass die Menschen dort aussehen wie wir und sich kleiden wie wir und überhaupt alles da so aussieht wie in vielen europäischen Städten und sich der Krieg dort sehr nah anfühlt – weil er sehr nahe ist.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Ja, dass der Krieg nahe ist, merkt man auch einfach daran, dass heute in Berlin Flüchtlinge in größerer Zahl eintrafen. Es ist aber nicht nur diese geographische und menschliche Nähe, die diesen Krieg unvergesslich machen, es liegt auch daran, …
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
…dass wir bzw. vor allem die USA das eigentliche Ziel dieses Angriffs sind. Putin möchte die Welt ins Jahr 1975 zurückdrehen, machtpolitisch und moralisch, und möchte Revanche für den verlorenen kalten Krieg und die Demütigungen, die Russland seitdem ertragen musste.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Ich weiß nicht, ob es bei ihm Corona-Koller ist oder dass er dick und alt geworden ist und glaubt, dass ihm die Zeit wegläuft und er noch unbedingt etwas großes tun muss, aber er scheint aus der Zeit gefallen und an Rationalität eingebüßt zu haben …
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
…und hat wohl niemanden mehr in seinem Umfeld, der ihn kritisch begleitet und ihm ehrliches Feedback gibt, und er ist jetzt seit 22 Jahren im Amt und wird bald 70, und vielleicht hat er es schlicht nicht mehr drauf.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Was diesen Krieg aber auch zu Zäsur macht, wie 9/11, ist, dass dieser Krieg gerade die ganze Welt aufrüttelt und in ganz vielen Köpfen zu einem Umdenken und einer Neubewertung des Verhältnisses zu Russland geführt hat.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Schien die NATO vor dem Einmarsch noch schwach und zerstritten und wurde vom französischen Präsidenten als Leiche bezeichnet, hat Putin es geschafft, die NATO zu einen und zu revitalisieren, wie es vor kurzem kaum denkbar war. Und er hat Deutschland verloren, glaube ich.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Keine Ahnung, wie er sich und Russland aus der Situation rausmanövrieren will, denn im Grunde hat er mit dem heutigen Tag schon verloren, seit der ukrainische Präsident angekündigt hat, zu bleiben und zu kämpfen. Reingehen ist zudem einfach im Vergleich dazu, wie man rauskommt,..
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
… ohne alles zu verlieren, und derzeit scheint bereits das Reingehen nicht so rund laufen. Die Ukrainer dagegen schreiben sich gerade als Helden in die Weltgeschichte ein und entlarven ihn als Feigling. Wenn er klug wäre, bräche er das alles sofort ab.
— Pavel Mayer (@pavel23) February 26, 2022
Das sagen andere User:
Eine gute und sachliche Einordnung. Auch wenn man über den einen oder anderen Punkt sicher diskutieren kann, stimmen wir im Großen und Ganzen zu. In spätestens vier Wochen wissen wir, wieviel davon tatsächlich zutrifft. Persönlich wünschen wir uns ein schnelles Ende des sinnlosen Blutvergießens. Ein paar der treffendsten Reaktionen und Kommentare anderer User haben wir hier für euch zusammengetragen.
Ich kann Dir in vielen Punkten folgen und zustimmen. Jedoch macht es mir Sorgen, dass Putin aktuell nur ca. 30% der zusammen gezogenen Truppen im Einsatz hat. Sollte er seinem Zeitplan hinterher hinken, dann kann er noch sehr viel Gas geben.
— Claudius 💉💉💉 (@RyHoRuK) February 26, 2022
Interessant. Allerdings teile ich die Einschätzung nicht, dass viele im Westen bereit sind finanzielle Opfer zu bringen und russisches Öl oder Gas ablehnen. Einige sicher, die Mehrheit ist doch eher selbst am nächsten.
— Ahnungslose (@Frau_Hase_Koeln) February 26, 2022
Im Moment ja. Wenn die Bundesregierung schlau ist, nutzt die dieses Momentum. Auch im Hinblick auf die langsam endende Heizperiode. Bis zum Herbst kann man neue Verträge machen. Gas gibt’s eigentlich genug, auch außerhalb Russlands.
Gleichzeitig erneuerbare Energien aufbauen.— Kurt (@KurtKlaas) February 26, 2022
Ich habe keine Ahnung von Krieg und sehr wenig von Russland, aber aufgrund der Reaktionen der Zivilbevölkerung in Russland selbst, habe ich mir irgendwie auch gedacht, dass Putin sich verrechnet hat.
— Anja K. (@LeslieFenrin) February 26, 2022
Ich hoffe darauf, dass das russische Volk eher die Chance nutzt, ihn zu stürzen, als ihn in diesem Krieg zu unterstützen.
— Hans Joachim Rieks (Hajo) (@HajoRieks) February 26, 2022
Wer so agiert wie Putin, tut es, weil er sein nahes Ende spürt. Da er nicht loslassen kann, hält er sich an irgend etwas fest – und reißt es im schlimmsten Fall mit in den Abgrund. Menschen in der Ukraine, Menschen in Russland, Menschen in ganz Europa, steht fest und überlebt!
— Harald Werner (@HarWern12) February 26, 2022
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Zu diesem Thema haben wir noch das für euch: