Thread: Ein schwarzer Lehrer wird für einen Einbrecher gehalten
In Frankreich klagen aktuell sechs NGOs gegen Racial Profiling bei der Polizei. Zur Erinnerung: Hierbei handelt es sich um eine rassistische Profilerstellung, die zu Maßnahmen der Polizei und von anderen Sicherheitsbehörden führen. Dazu gehören Befragungen, Überwachungen, Durchsuchungen oder auch Verhaftungen. Der Knackpunkt daran ist, dass diese nicht wegen eines konkreten Verdachtes oder aufgrund von Indizien bzw. Beweisen erfolgen, sondern nur anhand von äußeren Merkmalen oder Religionszugehörigkeiten. Offiziell ist Racial Profiling in Deutschland verboten, allerdings gibt es immer wieder Beispiele, die zeigen, dass dies doch eine recht gängige Praxis der Sicherheitsbehörden ist, die untersucht werden sollte. Innenminister Horst Seehofer (CSU) lehnte es im letzten Jahr jedoch mehrfach ab, dies in einer Studie unter die Lupe zu nehmen und verwies stattdessen darauf, dass dies ja ohnehin verboten sei. In dem nun folgenden Thread von Stephan Anpalagan zeigt sich einmal mehr, dass diese Entscheidung ein Fehler war und auch, was Racial Profiling für absurde Züge annehmen kann.
Ein schwarzer Lehrer wird in einem Schulgebäude für einen Einbrecher gehalten. 15 (!) Polizisten marschieren an, zielen mit ihren Waffen auf ihn und glauben ihm nicht, dass er Lehrer an der Schule ist.
— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
„Er weist die Beamten darauf hin, dass er einen Schlüssel für die Schule habe und Lehrer sei. „Den Polizisten reichte meine Antwort nicht“. Sie hätten ihm Fragen gestellt: Wie die Schulleitung heiße, wer der Hausmeister sei.“
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
„Einige Telefonate später erhält er seinen Ausweis zurück. „Vorher musste ich erklären, wo ich geboren bin und seit wann ich in Deutschland sei“. (…) Ende November schreibt er einen Brief an die Beschwerdestelle der @PolizeiHamburg. Bis heute hat er keine Antwort erhalten.“
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Ach ja: „Dass eine blonde Kollegin von Spenner früher am Tag in der Schule war, hatte niemand bei der Polizei gemeldet.“
Ich finde, dieser unfassbare Vorfall könnte ein wenig Öffentlichkeit vertragen… Vielleicht hat die Polizei Hamburg ja Zeit und Lust sich zu äußern.
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Und weil sich in den vergangenen Tagen genügend Menschen ihre Mäuler über „Antirassismus als Geschäftsmodell“ zerrissen haben:
Das hier ist der gottverdammte Alltag in Deutschland, wenn man nicht weiß ist. Wenn die Polizei einen auf dem Kieker hat.
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Wenn fucking Racial Profiling stattfindet. Jeden Tag und überall. Wenn man als Lehrer nicht einmal Unterrichtsmaterialien vorbereiten kann, ohne dass irgendwelche Hirnamputierten die einfachsten und harmlosesten Tätigkeiten kriminalisieren.
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Und dann fragt Euch mal, warum wir alle ein klitzekleines bisschen wütend sind. Warum wir keine Sekunde länger diese Verhältnisse anzuerkennen bereit sind.
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Warum wir ziemlich dünnhäutig reagieren, wenn sich der Eindruck verfestigt, dass die Mehrheitsgesellschaft all diese Vorfälle und strukturellen Untergründe nicht ernst nimmt.
In jeder verdammten Veranstaltung werde ich gefragt, ob es Rassismus „eigentlich“ gibt.
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Was glaubt Ihr denn, Ihr Dullies? Und wenn Ihr eine Antwort haben wollt, warum hört Ihr dann nicht zu? Oder ist Euch die Antwort zu anstrengend?
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Und wenn man schreibt, dass man müde ist, kommt irgendeine hohle Nuss um die Ecke und schreibt eine 10.000-Zeichen Kolumne darüber, wie empfindlich man sei.
Es ist einfach alles so un-fucking-fassbar kaputt.
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Und nur um einmal einen kleinen Einblick in den Wahnsinn meines Lebens zu geben:
Ich habe vor weniger als 3 Stunden (!) eine Vorlesung an einer Polizeihochschule zum Thema Grundrechte Menschenrechte gehalten – als Teil der Polizeiausbildung im gehobenen Dienst.
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Themen: „Gefahrenpotenzial“, „Racial Profiling“, „Kriminalitätsentwicklung“, „Sicherheitsgefühl“, „Dessau“, „Korpsgeist“.
Was für eine Ironie des Schicksals…
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021
Ich empfehle der @PolizeiHamburg sehr, sich mit @amnestypolizei zusammenzusetzen und diesen Vorfall extern aufarbeiten zu lassen.
Irgendwann muss man doch mal anfangen etwas zu verändern…
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— Stephan Anpalagan (@stephanpalagan) January 26, 2021