Thread: Die Fünftklässler haben heute gewählt
Klar, es gibt viele Sachen, die nicht schön sind und waren an 2022, aber immerhin ist kein Wahljahr. Mal ehrlich, alle vier Jahre dieselben lahmen Reden, die kalkulierte Empörung über „die Anderen“, die einstudierten Plattitüden und die peinlichen Schuldzuweisungen. Ganz zu schweigen von den unterirdischen Wahlkampfauftritten in Bierzelten und auf Marktplätzen, wo Politiker*innen herumlaufen, als wären sie Kuh, Händler und Herold in Personalunion. Währenddessen ist uns allen ein uraltes und vielfach bestätigtes Paradoxon bewusst: Diejenigen, die nach Macht streben, sind vielleicht am wenigsten in der Lage, mit ihr umzugehen. Dabei kann Demokratie auch schön sein! Man braucht eben nur die richtigen Kandidaten. Twitteruserin @NelkeAlias hat sie offenbar gefunden.
Die Fünftklässler haben heute ihre Klassensprecher*in gewählt und evtl. durfte ich in diesem Rahmen die niedlichsten und herzzerreißendsten Bewerbungsreden in der Geschichte der Demokratie erleben.
Ein paar Beispiele:
— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
„Ich heiße Ria, bin 10 Jahre alt und zuersteinmal: Ich rede sehr gerne und sehr viel und damit bin ich auch schon beim ersten Punkt, warum ich gut geeignet bin. Ich kann mich nämlich auch sehr gut mit Leuten unterhalten, die ich nicht gut kenne, das macht mir gar nichts aus […]
— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
[…] und ich habe auch immer gute Argumente um die Erwachsenen zu überzeugen, weil ich mich mit vielen Dingen sehr gut auskenne.“
(Ach was, ist mir noch gar nicht aufgefallen, du kleine Süßmaus)
— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
„Ich bin Erin und ich bin 11 und ich setze mich immer für euch ein und berate euch, wenn ihr Streit habt und wenn du mal auf dem Schulhof alleine bist, spiele ich mit dir.“ (OMG wie lieb ist das denn?)
— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
„Ich bin Tom und ich würde meine Fußballpause für euch opfern, damit ich zur SV-Sitzung gehen kann!“
(Das ist so großherzig von dir, Tom. Wir alle wissen, dass du eigentlich ohne Fußball nicht leben kannst)— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
„Ich bin Mert, 10 Jahre alt, und wenn ihr tolle Ideen für unsere Klasse habt, könnt ihr mich immer ansprechen und dann kümmere ich mich darum, dass wir das ganz schnell machen.“
(Ich hoffe, ich werde auch noch gefragt?)— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
Lenya, vor 12 Wochen aus der Ukraine gekommen, seit 4 Wochen bei uns in der Klasse: „Ich bin Lenya, ich möchte Klassensprecher werden, weil… ich liebe meine Klasse.“
(Wir lieben dich auch, Lenya. Gut, dass du da bist.)— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
So reagieren andere User*innen:
Das wäre doch mal ein Kabinett, oder? Es ist schon lustig, während sich Politiker*innen jeder Couleur oft wie plärrende Kinder verhalten, dringt die Erkenntnis durch, dass der Vergleich womöglich gar nicht passt und die Kleinen vielleicht ein besseres Verständnis für Verantwortung haben. Das fanden jedenfalls auch viele Userinnen und User. Wir haben wie üblich die treffendsten Kommentare festgehalten und verraten euch außerdem, wer von den Kandidat*innen das Rennen gemacht hat.
Alle!
Du liebe Güte! ❤️ Ich nehme an, die Klasse besteht jetzt aus Klassensprechern? Wie soll man denn da wählen????
— Amelie (@TwinMom32011) September 6, 2022
Hoffentlich nimmt sie an
Die, die auf dem Schulhof mit dir spielt, wenn du mal alleine bist. Und das ist eine gute Wahl.
— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
Bester Job!
Ja! Ich war letzte Woche krank und heute morgen ganz ergriffen davon, wie sehr ich mich gefreut habe, sie wiederzusehen. Weil sie auf der anderen Seite auch sehr viele Nerven kosten, bin ich sehr froh darüber.
— Nelke Alias (@NelkeAlias) September 5, 2022
Irgendwas läuft hier sehr richtig
Wie süß ist das denn🥰🥹. Bei uns wurden es immer die größten Schwätzer oder die selbsternannten It-Girls. Das lässt hoffen, dass es besser wird🍀💚
— Irmi 🎷🎤🎶🧄 (@1268Irmi) September 6, 2022
Kinder an die Macht
Wow das ist toll und danke, dass du das mit uns teilst 🥰so einen ähnlichen Moment hatte ich, als ich meinen 7Jährigen v d Schule abholte und ich halt über andere Verkehrsteilnehmer schimpfte 🙁 mein Sohn: Mama, das ist nicht gut fürs WIR! Ach die Kinder haben ja alle so Recht!
— Anita Kernbauer (@AnitaKernbauer) September 6, 2022
Komisch, nach Wirtschaftshörigkeit und Weltherrschaft strebt hier niemand: