Thread: Der Konflikt um Lützerath
Die Bilder gingen um die Welt: Deutschland, der einstiege Vorreiter in Sachen erneuerbarer Energien, lässt unter Polizeischutz ein Dorf für den Braunkohletagebau räumen. Es kommt zu tumultartigen Szenen, man sieht Polizeikräfte grölend in eine Menschenmenge rennen und auf Klimaaktivisten mit Schlagstöcken einprügeln. Überwältigte Demonstranten werden schikaniert und mit Schmerzgriffen gedemütigt. Wer nicht vom Energieriesen RWE als Pressevertreter akkreditiert wurde, ist in den Augen der Polizei auch keiner. Wer festgenommen wird, kommt entweder in RWE-eigene Gefangenentransporter, die teuer an das Land NRW vermietet werden oder in fensterlose Güterzüge.
Wo man bei den Querdenker-Demos noch Angst vor unschönen Bildern hatte, weil alle Gesellschaftsschichten vertreten waren, ist bei den Protesten um den Stopp des Kohletagebaus Lützerath davon nichts mehr zu spüren. Klimaaktivismus ist als Feindbild in der Gesellschaft angekommen. Dafür haben diverse Agitatoren in den letzten Monaten aus parteitaktischen Gründen Sorge getragen. Protest wird daher nur noch akzeptiert, wenn er gefällig ist und nicht allzu sehr stört. Dass es sich bei den Protestierenden um Menschen handelt, die sich um die Zukunft und Lebensgrundlagen aller sorgen, wird unter den Teppich der juristischen Legalität des Braunkohleabbaus gekehrt. Man gewinnt den Eindruck, Sorgen und Ängste nimmt die deutsche Politiklandschaft nur ernst, wenn es sich um das Thema „Überfremdung“ handelt.
Aber lassen wir doch jemanden zu Wort kommen, der die Ereignisse hautnah miterlebt hat. Deswegen erteilen wir nun Luisa Neubauer das Wort:
THREAD: Lützerath/Polizei/Klima
Nach einem fehlerhaften (& illegalem) Einsatz in Hambacher Wald möchte man annehmen, dass der aktuelle Einsatz in Lützerath seitens des NRW Innenministers mit 10-facher Sorgfalt umgesetzt wird, und alles getan wird, dass keine Fehler passieren. 1/— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Polizeiwissenschaftler Feltes attestiert jedoch in mehreren Szenen ein unverhältnismäßiges Handeln der Polizei. Dazu kommen viele verletzte Aktivist:innen, hochproblematische Aufnahmen von aggressiven Polizist:innen und Einschränkungen der Pressefreiheit. 2/
— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Große Fragen zur Souveränität des Einsatzes stehen im Raum. Es ist gut, dass eine juristische & politische Aufarbeitung angekündigt wurde. Dazu gehört auch, dass Angaben präzisiert/revidiert werden. Das haben Klimaakteure bereits gemacht, ein Vorbild für andere Beteiligte. 3/
— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Teilweise wird probiert die Gewalt der Polizei durch das Verhalten einzelner Aktivist:innen zu relativieren. Das funktioniert natürlich nicht, man muss den Anspruch an die Polizei haben können, als staatliche Instanz in jeder Lage deeskalierend und verhältnismäßig zu agieren. 4/
— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Und natürlich: Fridays For Future und andere Klimabewegungen rufen ausschließlich zu zivilem Protest auf, der Gewalt gegen Menschen explizit ablehnt. Das betonen wir ununterbrochen und werden es auch weiterhin tun. 5/
— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Der Konflikt in Lützerath ist im Kern keiner zwischen Innenminister und Aktivist:innen, sondern einer zwischen der Gesellschaft und der fossilen Zerstörung. Die klimabewegte Zivilgesellschaft hat in den letzten Wochen und Monaten mit großer Kraft diesen Konflikt offengelegt. 6/
— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Es liegt an Regierungen auf Landes- und Bundesebene zu handeln. Klimakonflikte werden nicht durch Polizeieinsätze oder Kriminalisierung engagierter Bürger:innen gelöst. Sie werden dadurch gelöst, dass schnell & gerecht Klima-Versprechen eingelöst werden. Darum geht es jetzt. 7/
— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Solange das entsprechende Regierungshandeln ausbleibt, wird es weiter Proteste in großer Vielfalt geben – denn Menschen überall stellen fest, dass sie gebraucht sind, dass Druck der Massen wirkt, und dass es so viel zu verlieren – und noch mehr zu gewinnen gibt. //
— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) January 17, 2023
Das sagen andere User:
Wer glaubt, das Thema Lützerath hätte sich erledigt, der irrt sich. Die Proteste werden auch nach der Räumung weitergehen. Der Klimawandel rast ungebremst auf uns zu und immer mehr Menschen begreifen, dass die Zeit zum Handeln davonläuft. Daher haben wir ein paar kritische Stimmen der Community gesammelt und hier für euch verewigt.
Das was Jan #Böhmermann sagt!#LuetziBleibt #Kohle #HambiBleibt #LuetzerathUnraeumbar #Lützerath pic.twitter.com/P6WIHkd5KG
— Tino Pfaff (@TinoPfaff) January 9, 2023
Auf der Wiese steht ein freundlicher älterer Herr, der sagt, er will die Zukunft seiner Enkel schützen.
Daneben steht der gigantische RWE-Bagger und reißt im Namen der fossilen Profitgier riesige Löcher in die Wiese.
Ratet mal, wer von den beiden "Klimaterrorist" genannt wird.
— Sebastian 23 (@mondschaf23) January 10, 2023
Wieso richtet sich eigentlich so viel mehr Ärger gegen "die Politik" als gegen RWE?
RWE könnte die Kohle ja auch im Boden lassen. Warum haben wir uns so daran gewöhnt, dass Unternehmen keinen moralischen Kompass haben und erwarten absolut nichts von ihnen?
— Frauke Maren (she/her) (@Planetenherz) January 17, 2023
Die weltweit wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung sind
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021 und
2022.Aber nur zu, lasst uns ruhig weiter über den Rechtsanspruch von RWE diskutieren. Wir haben ja Zeit. #AnneWill
— Emily Laquer (@EmilyLaquer) January 15, 2023
Nach der #Luetzerath-Demo beklagt @izahofmann_ aus dem Sanitäter-Team der Demo-Organisatoren Polizeigewalt: Einsatzkräfte hätten „systematisch auf den Kopf von Aktivistinnen und Aktivisten geschlagen“, es habe lebensgefährliche Verletzungen gegeben. https://t.co/5Nurvr7cHO pic.twitter.com/Emvz6eYmyc
— WDR Aktuelle Stunde (@aktuelle_stunde) January 15, 2023
Die Bilder von Polizisten, die in #Lützerath mit Schlagstöcken auf Demonstranten losgehen, werden um die Welt gehen. Sie zeigen einen Staat, das sich gegen den Klimaschutz und seine Befürworter wehrt. Notfalls mit Gewalt.
Niemand wird das verstehen. Ich verstehe es auch nicht.
— Michael Albert (@michl_albrt) January 14, 2023
Zusammenfassung der Debatte der letzten Jahre:
Klimaprotest ja okay, aber…
– doch nicht am Freitag
– doch nicht gegen Autos
– doch nicht im Museum
– doch nicht auf dem Flughafen
– doch nicht gegen Konzerne
– doch nicht im Tagebau#Luetzerath #GretaThunberg— Ingwar Pero (@Perowinger94) January 14, 2023
„Das sind keine #Klimaterroristen“, sagt die langjährige @ZDFheute-Moderatorin Petra #Gerster über die Aktivisten in #Luetzerath. "Sie kämpfen für ein Ziel, für das wir alle sind – nämlich für mehr #Klimaschutz."#maischberger #Braunkohle @DasErste pic.twitter.com/zPbG1wwVKM
— Maischberger (@maischberger) January 11, 2023
In 30 Jahren werden unsere Kinder und Kindeskinder kopfschüttelnd vor dem Fernseher sitzen, Bilder aus #Luetzerath sehen und sich fragen, warum man damals mit Gewalt Dörfer für Tagebaue abgerissen hat, um energiepolitische Sackgassen zu verfolgen.
— Dr. Michael Schmitz (@DocOnco) January 11, 2023
Weil das bei den ganzen Hassbotschaften gerne untergeht: Diese Leute kämpfen nicht dafür uns etwas wegzunehmen oder uns zu schaden. Sie kämpfen dafür, dass unser aller Zukunft gesichert wird. Respekt und Demut wäre angebrachter als Hass.#LuetzerathUnraeumbar #Luetzerath pic.twitter.com/jjfoSivWdC
— Tim Lüddemann (@timluedde) January 11, 2023
Auch beliebtes Argument, um über deutsche Energiepolitik im Ausland zu schreiben: SIEBEN der ZEHN größten Klima-Verschmutzer in der EU sind deutsche Tagebaue. Die Bilder aus #Luetzerath werden dieses Bild von Deutschland ewig prägen – und seine Klimapolitik unglaubwürdig machen. pic.twitter.com/4a9HJUkiJL
— Annika Joeres (@AnnikaJoeres) January 10, 2023
#AnnenMayKantereit bedanken sich bei der Mahnwache in #Lützerath mit diesem Song bei allen Aktivisti! 💚 #LütziLebt pic.twitter.com/mkmteqGyze
— Greenpeace e.V. (@greenpeace_de) January 8, 2023
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Schaut doch hier noch rein, wenn ihr mögt: