Zugegeben, das Thema Datenschutz klingt für viele von uns erstmal lästig und kompliziert, weshalb es oft auch stiefmütterlich behandelt wird. Viele Unternehmer*innen rollen bei dem Stichwort regelmäßig mit den Augen. Aber Aussitzen bringt da absolut gar nichts. Kommt es zu Stichproben der Aufsichtsbehörden oder einer Beschwerde, kann das ganz schnell sehr teuer und sehr unangenehm werden. Besonders wenn man unvorbereitet oder sorglos damit umgegangen ist. Dabei ist Datenschutz durchaus sehr einfach und pragmatisch umsetzbar, und erst recht keine Raketenwissenschaft. Wie wichtig der Schutz personenbezogener Daten ist, das wollen wir euch anhand des nun folgenden Threads des Datenschutz-Aktivisten Andre Meister zeigen. Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat nämlich am 24. Mai diesen Jahres seinen Jahresbericht für 2021 vorgelegt. Darin enthalten sind 5.671 Beschwerden und Beratungsersuche sowie 1.163 Fälle von Datenpannen. Die Behörde hat im vergangenen Jahr 212 Verwarnungen, zwei Warnungen und eine Anordnung gegenüber privaten und öffentlichen Stellen ausgesprochen, 61 Bußgelder in Höhe von insgesamt 133.350 Euro wurden verhängt. Die Sanktionsstelle führte dabei auch Verfahren gegen Polizeibeamt*innen durch, die unbefugt personenbezogene Daten von Dritten aus dem Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) abgerufen haben. Und hier übergeben wir das Wort an @andre_meister.
Die Datenschutzbeauftragte in Berlin „führt regelmäßig Verfahren gegen Polizeibeamt:innen durch, die unbefugt, d. h. zu nicht-dienstlichen Zwecken, personenbezogene Daten von Dritten aus den polizeiinternen Datenbanken abrufen“. Aus dem aktuellen Jahresbericht:
— Andre Meister (@andre_meister) June 20, 2022
Ein Polizist fragte alle Personen aus dem Umfeld seiner Ex-Lebensgefährtin ab, die mit dem Umstand der Trennung hätten vertraut sein können.
— Andre Meister (@andre_meister) June 20, 2022
Ein Polizist schrieb eine Zeugin nach deren Vernehmung über ihre private Handynummer an, um diese nach einer Verabredung zu fragen, nachdem er die Telefonnummer aus POLIKS abgerufen hatte.
— Andre Meister (@andre_meister) June 20, 2022
Ein Polizist fragte den Ermittlungsvorgang seines Stiefsohnes ab, um diesen auf seine Zeugenaussage vorzubereiten und um den zuständigen Sachbearbeiter von einem anderen Tathergang zu überzeugen.
— Andre Meister (@andre_meister) June 20, 2022
Ein Polizist fragte den neuen Lebensgefährten der Ex-Frau eines Freundes ab, weil er befürchtete, dass das gemeinsame Kind durch den neuen Partner gefährdet sei. […] Der Polizist handelte auf eigene Initiative, ohne den Verdacht der zuständigen Dienststelle zu melden.
— Andre Meister (@andre_meister) June 20, 2022
Ein in einem Strafverfahren beschuldigter Polizist wollte die Informationen aus POLIKS verwenden, um sich auf seine Aussage vor Gericht vorzubereiten.
— Andre Meister (@andre_meister) June 20, 2022
Insgesamt hat die Datenschutzbeauftragte letztes Jahr 15 Verfahren gegen Polizist:innen eingeleitet und bereits 11 Bußgeldbescheide mit 42 Bußgeldern gegen Polizist:innen erlassen.
Quelle: https://t.co/U2lgAX3bZV— Andre Meister (@andre_meister) June 20, 2022
Das sagen andere User:
Das sind mitnichten Kavaliersdelikte und sorgt auch in Zeiten von rechten Polizeichatgruppen für ein mulmiges Gefühl, besonders wenn man bedenkt, dass die Dunkelziffer der illegalen Abrufe deutlich höher sein dürfte. Es bleibt zu hoffen, dass hier zukünftig nachgesteuert wird. Wir haben ein paar der treffendsten Kommentare und Reaktionen der Leserinnen und Leser für euch zusammengetragen.
Dann viel Spaß mit der Wohnung, immer mit dem Hintergedanken, dass es der Vermieterin in den Fingern jucken könnte, gelegentlich mit dem Zweitschlüssel nach dem Rechten zu sehen, während ihr auf der Arbeit seid.
— Sabby (@RedRedKrovvy) June 21, 2022
Es wird nicht jeder Zugriff Protokolliert. Es gibt eine Zufallsprotokollierung damit du nie weist wann geprüft wird aber es wird nicht jeder Zugriff Protokolliert
— T (@itgweb) June 20, 2022
Also zwei der im Threat beschriebenen Fälle sind bewusste Eingriffe in Ermittlungen zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines Familienangehörigen.
Also da kann natürlich kein größerer Schaden entstehen außer die Behinderung der Justiz…— verrückterKauz (@N_Nieschke) June 20, 2022
Richtig Bock nach einem Autounfall daheim endlich zur Ruhe zu kommen und dann eine SMS mit „Hi! Ich hoffe, das ist okay für Dich, aber ich hab heute beim Unfall Deine Daten aufgenommen und wollte einfach mal fragen, ob Du Lust auf einen Kaffee hast. LG, Arne“ zu bekommen.
— M4us. (@kleinermemsch) June 21, 2022
Schwierig, die sind fertig ausgebildet, … dazu stellt sich die Frage, warum diese, doch eher sensiblen Informationen einfach so, ohne 4-Augen, … für jeden zugänglich gemacht werden.
— Johannes Löffler (@lofjoh) June 20, 2022
Ich kenne mehrere Polizist:innen und sie machen es alle! Es schockiert mich jedes Mal.
Eine Freundin wurde von einem Polizisten angerufen und um ein Date befragt. Sie kannte ihn nicht, er hatte ihre Nr aufgrund ihres Kfz-Kz rausgesucht. 😬
Will man so jemanden als Partner?!?— Am See liegen (@amseeliegen) June 21, 2022
Kenn ich. Der Vater einer Freundin (Damals beste Freundin) hat mich auch durchleuchten lassen. Was er nicht wußte war dass in meiner Familie auch Polizisten sind. Ich hab ihn Eiskalt angeschissen. Beförderung war futsch und Dienststelle am Arsch der Welt.
— Robert.rotine🇪🇺 🇺🇦 (@RRotine) June 21, 2022
Immer wieder schön, wenn ähnliche Polizei-Praktiken in Fernsehkrimis normalisiert und Vorgesetzte mit Rechtsgefühl als lästige Trottel dargestellt werden.
— Stamm-Kuhlmann (@StammKuhlmann) June 20, 2022
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Das Thema Datenschutz beschäftigt uns auch hier: