Thread: Als Kind 1 ein Baby war…
Auch im Jahr 2021 gibt es immer noch Menschen, denen der Unterschied zwischen Homöopathie und Naturheilkunde nicht ganz klar ist bzw. dass es überhaupt einen gibt. Dabei handelt es sich aber eigentlich um zwei unterschiedliche Ansätze, die nur eine Gemeinsamkeit haben. Nämlich die Nutzung von pflanzlichen Rohstoffen und damit die Kraft der Natur. Ihr liegt richtig, es geht mal wieder um Globuli & Co.
Naturheilkunde ist zunächst ein Oberbegriff, der verschiedene Therapien bezeichnet, die auf chemische Arzneimittel verzichten. Das kann zum einen durch eine Behandlung mit Wärme, Kälte, Bäder oder sogar durch eine Umstellung der Ernährung erreicht werden, meint aber auch den Einsatz pflanzlicher Arzneimittel. Letztere wird als Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) bezeichnet. Dabei werden Heilpflanzen wie Kräuter, Blüten, Pflanzensäfte etc. verwendet. Bei einigen ist die Wirksamkeit über Generationen überliefert. Sie werden zur Stärkung der Gesundheit und zur Linderung unterschiedlicher Symptome bzw. Erkrankungen angewendet. Im Laufe der Neuzeit konnten die positiven Effekte vieler Pflanzenwirkstoffe durch klinische Studien bestätigt werden. So konnten man Dosis und Anwendung sogar optimieren. Bei manchen Pflanzen ergab sich auch ein ganz neues Anwendungsgebiet. Es wurden Medikamente entwickelt, die hohen Standards und Kontrollen unterliegen und die eine wissenschaftlich fundierte Wirkung haben. Die Pflanzenheilkunde hat daher den Ruf, das Bindeglied zwischen alternativer und konventioneller Medizin zu sein.
Ganz anders stellt sich dies bei der Homöopathie dar. Diese ist mit wissenschaftlichen Methoden nämlich nicht überprüfbar. Zusammengefasst kann man sagen, dass dabei Pflanzenextrakte, tierische Produkte, Metalle oder Salze ausgewählt werden, die unverdünnt ähnliche Symptome hervorrufen wie die zu heilende Krankheit. Die Dosis-Wirkungsbeziehung ist bei der Homöopathie gänzlich anders. Das Grundprinzip ist hierbei die Potenzierung, denn der Ausgangsstoff wird in Wasser oder Ethanol geschüttelt und somit verdünnt. Dies steht im krassen Gegensatz zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Schulmedizin und eigentlich sogar im Gegensatz zu den Grundprinzipien der Logik. Ein Wirkstoff wirkt laut Schulmedizin nämlich umso stärker und hat mehr Nebenwirkungen, je mehr man davon zu sich nimmt. Die Homöopathie hingegen behauptet, je verdünnter die Substanz, desto stärker wirkt sie. Das hat zwar den Vorteil, dass diese Mittelchen keine Nebenwirkungen haben, weswegen man sie bedenkenlos einnehmen kann. Das bedeutet allerdings auch, dass die Wirkung nicht über den sogenannten Placebo-Effekt hinausgeht.
Die Vermischung von Naturheilkunde und Homöopathie ist oftmals gewollt. Sei es zur Aquise von Patienten oder aus Marketinggründen bei den Produkten. Die Betroffenen sind oft erst hinterher schlauer, sei es, weil sie – Gott sei Dank – aufgeklärt wurden, oder weil sie die Folgen der Behandlungen dann doch wieder zur Schulmedizin zurücktreiben. Die Twitteruserin Frau Mira berichtet in dem nun folgenden Thread von ihren ganz persönlichen Erfahrungen und wie sie wach geworden ist.
Ich hab, als K1 ein Baby war, angefangen, #Globuli zu kaufen. So kleinen Menschlein kann man ja noch keine „dollen“ Medikamente geben bei kleineren Geschichten. Die Hebamme und die KÄ haben sie empfohlen UND sie waren ja in der Apotheke zu bekommen, nicht im DM oder Rossmann.
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
Ich hab ein Vermögen ausgegeben, weil ich ihnen vertraut hab. Ich wusste von daheim, dass meine Mutter Tees selbst gemischt, Salben und Umschläge selbst gemacht hat. Der Unterschied zwischen Homöopathie und Naturheilkunde war mir nicht klar. Ich habe mir Bücher von GU gekauft
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
und zwar im Buchhandel, nicht in irgendeinem Esoterikladen. Ich komme mir derbe verarscht vor. Wem hätte ich denn sonst vertrauen sollen? Warum werden die Zuckerperlen in der Apotheke verkauft und von Kinderärzten empfohlen?!
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
Und gerad die Apothekerin, die mir die Schächtelchen rübergereicht hat- nicht ein kritisches Wort.
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
UND: ich muss ganz klar zugeben, dass ich erst hier auf Twitter durch Herrn @drluebbers angefangen habe, mich kritisch mit dem Thema auseinander zu setzen. Ja, die Möglichkeit dazu bekommen habe und darauf aufmerksam gemacht wurde.
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
Ich denke, ich muss noch etwas ergänzen:
1.) Meine Kinder und ich sind gegen alles geimpft, was die STIKO empfiehlt
2.) Unsere KÄ ist super und hat immer, wenn es nötig war, richtige Medikamente verschrieben, sie ist sehr kompetent und keine Esoteriktante. Nur halt zwischendrin— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
auch mal Globuli empfohlen. Und auch, wenn es nur manchmal war, hat sie mir damit das Gefühl gegeben, es sei richtige Medizin, die wirken würde. Darum geht es. Und das Zeug kostet ein Haufen Geld. In Kombination mit den Aussagen der Hebamme, dass man sie in der Apotheke kauft und
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
den Büchern eines vertrauenswürdigen Verlages, wäre ich nicht drauf gekommen, was für ein Humbug das ist. Man möchte seinem Baby helfen- beim Zahnen, Neurodermitis, Blähungen. Klar haben meine Kinder auch Sinupret bekommen, aber eben auch Globuli und das war rausgeschmissenes
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
Geld. Und das macht mich sauer.
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
Wie komm ich denn auf Sinupret? Das war irgendwas bei Schnupfen, gell?🙄 Ich meinte Lefax.
— Frau Mira🦋🏡 (@hl_h2o) April 12, 2021
Das sagen andere User:
Die meisten Leser sind dankbar für die Schilderung, da sie der Meinung sind, dass immer noch viel zu wenig aufgeklärt wird. Andere berichten von Erfahrungen am eigenen Leib und wie sie selbst geläutert wurden. Kritik gibt es auch für die Finanzierung durch die Krankenkassen und mangelnde Hinweise in den Apotheken, wo die homöopathischen Mittel ja verkauft werden. Wir haben ein paar der treffendsten Reaktionen für euch zusammengetragen.
Mich hatte „überzeugt“, dass die Krankenkasse die Globuli bezahlt. Erst später die Erkenntnis, dass Homöopathie nicht über den Placeboeffekt hinaus hilft. Verärgert, dass die @DieTechniker für sowas Geld gibt und damit falsche Anreize setzt und das nur für Marketing.
— Stephan Roch 🔴🌍 (@StephanRoch) April 13, 2021
Same here.
Und die Überlegung: Und wenn es nicht nützt, schadet es wenigstens nicht.Doch, tut es.
— Nadine (@NadineTi) April 12, 2021
Meine Mama schwört heute noch, dass Globuli meinem Bruder vor ein paar Jahren bei hohem Fieber geholfen haben soll. Jedes Mal sage ich ihr, dass das Zeug überteuŕte Zuckerperlen sind. Sie glaubt auch, dass Fett dick macht und nicht der Zucker. Da rudert sie immer dagegen.
— EinfachHanna (@procrastihanna) April 12, 2021
Das ging mir sehr ähnlich, trotz Ausbildung im Gesundheitswesen, ich habe vertraut und nie hinterfragt. Das entsprechende GU-Buch habe ich erst vor wenigen Tagen im Bücherregal wiederentdeckt und ist dann direkt in die Papiertonne gewandert.
— L’enfer, c’est les autres (@Chris_Zwitscher) April 12, 2021
Meine Eltern haben damals meine Depression mit Schüssler salzen behandelt. Zwei Suizidversuche später sind sie dann doch auf richtige Medizin umgeschwenkt.
— Living Code (@LivingCode2) April 12, 2021
Als mir der notkinderarzt globoli gegen Durchfall bei meiner tochter aufschreiben wollte hab ich ihn gefragt wie zum teufel er auf die idee kommt das zucker gegen Durchfall hilft. Ich hab meine tochter gepackt und bin in sie Notaufnahme ( es waren Salmonellen)
— Dietrinity1234 (@dietrinity1234) April 12, 2021
Ich hab jahrelang Meditonsin benutzt.
Auch damals den Unterschied zur Naturheilkunde nicht erkannt. Die werben ja auch damit ein „natürliches Arzneimittel“ zu sein.
Ich hab es damals durch @Susannchen01 gelernt und bleibe jetzt bei „abwarten & Tee trinken“, wenn ich erkältet bin— Claudia Krümelmonster (@Claudi_von_hier) April 12, 2021
Könnt ihr noch? Hier geht es nämlich zum Aufklärungsexperten rund um das Thema Homöopathie: