Großer Zapfenstreich: Merkel ist weg

Chris Schröder 03.12.2021, 16:11 Uhr

Gestern Abend wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach 16 Jahren Amtszeit in Berlin mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet. Der Staatsakt am Bendlerblock lockte viele Zuschauer vor die heimischen Fernseher. Über den feierlichen Pathos der Zeremonie, inszeniert vom Wachbataillon der Bundeswehr, mag der eine oder andere die Stirn gerunzelt haben, weil er mit seinen dunklen Uniformen und Fackeln wie eine aus der Zeit gefallene Tradition wirkt. Diese wird übrigens schon seit 1873 so begangen und hat eine sehr strikte Abfolge. Der Feierlichkeit dieses Moments können sich jedoch weder die Zuschauer noch Angela Merkel (CDU) ganz entziehen. Die wirkte zwar in weiten Teilen des Rituals so zurückhaltend, bescheiden und nüchtern wie immer, aber in kleinen Momenten konnte man dann doch sehen, wie sehr ihr das Ende ihrer Amtszeit naheging.

Neben dem Kirchenlied „Großer Gott, wir loben Dich“ hatte sich die scheidende Kanzlerin „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef und den Song „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen gewünscht. Als das Stabsmusikkorps den DDR-Schlager von 1974 spielte, hatte die stets nüchterne Angela Merkel (CDU) sogar einen Moment lang feuchte Augen.

In ihrer darauffolgenden siebenminütigen Abschiedsrede bedankte sie sich nicht nur bei ihren Mitstreitern und ihrer Familie, sondern wünschte der Nachfolgeregierung und Olaf Scholz (SPD) alles Gute, Erfolg und eine „glückliche Hand“. Kurz, knapp und wie immer zurückhaltend, fasste sie ihre Kanzlerschaft zusammen, nur um deutlich zu machen, welche Herausforderungen der heutigen Zeit zum Amt dazugehören. Die vergangenen 16 Jahre hätten sie politisch und menschlich gefordert und seien eine ereignisreiche, herausfordernde Zeit gewesen. Es ist keine Lobrede auf die eigenen Leistungen, denn das war nie ihre Attitüde. Neben ihrer typischen Bescheidenheit ist sie klug genug zu wissen, dass es durchaus eine lange Liste an Dingen gibt, die man in ihrer Kanzlerschaft kritisieren könnte. Angela Merkel geht in „Demut und Dankbarkeit“ und das sagte sie nicht nur, das sah man auch.

Den entscheidenden und wichtigsten Teil ihrer Ansprache knüpfte sie ganz elegant an ihre eigene Biografie und an die Ereignisse der Corona-Pandemie. Vertrauen in Politik, Wissenschaft und den gesellschaftlichen Diskurs sei wichtig, aber auch fragil. Sie hob dabei hervor, dass uns andere Länder für unsere politische Streitkultur beneiden. Unsere Demokratie lebe von der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung und zur Selbstkorrektur, vom steten Ausgleich der Interessen und von dem Respekt voreinander. Sie lebe von Solidarität und Vertrauen, auch in Fakten. Es sei daher unabdingbar, Verschwörungstheorien, der Leugnung von wissenschaftlichen Fakten und Hetze entschieden und laut entgegenzutreten. Und auch, statt mit Missmut, Missgunst oder Pessimismus, lieber „mit fröhlichem Herz an die Arbeit zu gehen“, so wie sie es immer gehalten habe. Sowohl in der DDR als auch in der Freiheit der Bundesrepublik Deutschland. Diese Fröhlichkeit im Herzen wünschte sie uns allen und dem gesamten Land für die Zukunft.

Als die Kanzlerin am Ende der Zeremonie in ihre Limousine steigt und zum wahrscheinlich letzten Mal Richtung Kanzleramt fährt, winkt sie ihren Gästen, Kollegen und den Zuschauern gelöst und zufrieden zu. Und spätestens da dürfte jedem klargeworden sein, was so lange undenkbar schien: Merkel ist weg.

Wir haben den Großen Zapfenstreich für euch verfolgt und die treffendsten Tweets und Reaktionen hier zusammengetragen.

#1: Macht’s gut und danke für den Fisch

#2: Seit gestern ganz vorne in den Streaming-Charts

#3: When You See It…

#4: Heute schon alt gefühlt?

#5: Auf den Punkt!

#6: Wer sagt, Marschmusik wäre schlecht?

#7: Das wünschen wir uns auch

#8: Queen für einen Abend

#9: Word!

#10: So und nicht anders

#11: Die letzte Rede (in voller Länge)

#12: Gute Zusammenfassung

#13: It’s funny because it’s true

#14: Emotionaler hat man sie nie gesehen

#15: War vielleicht auch in Richtung der AfD

#16: Mut zur Menschlichkeit

#17: So wahr

#18: Leider nicht passiert

Danke für eure Aufmerksamkeit. Wenn ihr wollt, schaut doch hier mal rein:

Mind the Gender Pay Gap! 13 Tweets, die leider keine Gehalts-Lücke füllen

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