Gar kein Plan – Die treffendsten Tweets zum CDU-Wahlprogramm

Chris Schröder 22.06.2021, 8:55 Uhr

Heißa, Hurra! Das Wahlprogramm der Union ist da. Gestern stellten Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) ihren Fahrplan für die Post-Merkel-Ära vor. Auf wen es so wirken mag, als ob die Union ihr Programm absichtlich als letzte der großen Parteien vorgestellt hätte bzw. die Veröffentlichung künstlich hinausgezögert hat, um sich einen Vorteil zu verschaffen, den können wir beruhigen. Im Wahljahr 2017 erschien das Programm ebenfalls erst sehr spät. Der Grund sind Streitereien… pardon Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den beiden christlichen Schwesterparteien. Nun sollte man meinen, dass die Union die zusätzliche Zeit genutzt hat, ein ausgewogenes und zukunftsorientiertes Wahlprogramm auf die Beine zu stellen, das die Probleme von heute und morgen anpackt. Schließlich hatte der CDU-Chef bei seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten von einem „Jahrzehnt der Modernisierung“ gesprochen. Zudem wurde keine Gelegenheit in den letzten Wochen ausgelassen, alle Vorschläge der Grünen, namentlich Annalena Baerbock,  als realitätsfern, nicht finanzierbar oder als unausgewogen zu kritisieren. Dementsprechend gab es Erwartungen an CDU und CSU, dass eben diese Punkte im Wahlprogramm adressiert werden.

Hoch waren diese gewiss nicht, aber das liegt in der Natur der Parteien. Konservative Kräfte machen eben nun mal konservative Wahlprogramme. Wer sich also den großen Wurf erhofft hat und mit grundlegenden Reformen rechnete, kennt das Wesen der Unionsparteien schlecht. Doch das, was CDU/CSU da nun vorgelegt haben, ist selbst für Konservative mehr als eine schwache Leistung.

Finanzpolitik

Die Ziele klingen vernünftig, ehrbar und reihen sich in den typischen CDU-Sound der vergangenen Jahre ein: Investitionen, Entlastungen und ein ausgeglichener Haushalt. Zumindest in der Theorie. Denn Zukunftsversprechen, die mit der gelebten Regierungsrealität im Gegensatz stehen, führen zu genau dem Vertrauensverlust, mit dem die Union seit längerem zu kämpfen hat. Den Warnungen von Steuerexperten und Konjunkturforschern, die schwierige Zeiten auf Deutschland zukommen sehen, begegnen CDU und CSU mit der alten Leier vom ewigen Wirtschaftswachstum als Allheilmittel. Wahrscheinlich hat Friedrich Merz selbst an diesen Passagen mitgeschrieben. Am morgigen Mittwoch wird das Bundeskabinett unter Angela Merkel wahrscheinlich bis zu 100 Milliarden Euro zusätzliche Schulden beschließen. Egal wer also nach der Wahl regiert, er oder sie sieht sich einer Neuverschuldung von 240 Milliarden Euro gegenüber, aus 2020 kommen noch mal 130 Milliarden Euro dazu, zuzüglich der Summe, die morgen beschlossen wird. Wie genau dieser gewaltige Schuldenberg abgebaut werden soll, darüber schweigt das Wahlprogramm der Union. Stattdessen gibt es eine direkte Absage an Steuererhöhungen. Besserverdiener und Unternehmen sollen stattdessen entlastet werden und zwar um bis zu 50 Milliarden Euro. Trotzdem will man einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, also an der schwarzen Null festhalten. Wie das inmitten einer Pandemie gehen soll, von der wir nicht wissen, wie lange sie noch andauern wird, und wie die Union den verfassungsmäßigen Auftrag, den Klimawandel zu stoppen, finanzieren will, bleibt unklar. Das Nachsehen werden wahrscheinlich wieder untere Einkommen und Menschen, die Sozialleistungen beziehen, haben. Die Umverteilung von unten nach oben wird auch in der nächsten Legislaturperiode nicht gestoppt werden.

Klimapolitik

Doch genug von den Finanzen. Was hat die „Klimaunion“ denn nun für konkrete Maßnahmen im Programm, um die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen? Die Antwort darauf fällt eher ernüchternd aus. Als Hauptinstrument führen die Christdemokraten immer noch den bereits als nicht ausreichend wirksam erwiesenen Emissionshandel an. Keine Zukunftsinvestitionen in Windkraft oder Solarenergie und auch kein Verbrennerausstieg. Die Rede ist stattdessen von Vertrauen in Innovationen und Zukunftstechnologien. Das FDP-Wahlprogramm lässt grüßen. Die konkreteste Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel ist die Förderung von Flugtaxis. Kein Witz. Wie die CDU das 1,5 Grad Ziel von Paris ohne weitere Maßnahmen erreichen will, bleibt ihr Geheimnis. Von wollen kann aber in diesem Kontext wahrscheinlich keine Rede sein. Trotzdem erscheint es mehr als albern, dass man sich wochenlang an den Maßnahmen der Grünen abgearbeitet und dann selbst nichts vorzuzeigen hat. In puncto Klimakrise ist dieses Wahlprogramm eine klare Absage an alle jungen Wählerinnen und Wähler. Damit dürfte auch klar sein, warum CDU-Chef Laschet sich einem Kanzlerduell unter der Moderation von Rezo und Thilo Jung verweigert hat. Für die jüngere Generation hat man schlicht keine Antworten auf Zukunftsfragen parat. Hier herrscht gähnende inhaltliche Leere.

Der Rest

Auch die Probleme der Gegenwart finden im CDU-Programm wenig Beachtung, was jedoch niemanden überraschen dürfte. Keine Rentenreform, keine Antworten auf Wohnungsnot, Alters- und Kinderarmut. Selbst das Thema Digitalisierung, das immerhin einen beachtlichen Platz im Programm einnimmt, verkommt zu einer Farce um Hacker, Onlinedurchsuchungen und Vorratsdatenspeicherung. Wo die Union da eine Erneuerung sieht, bleibt ein Rätsel. Wenig überraschend finden frauen- und queerpolitische Themen im Unionsprogramm keinen nennenswerten Platz.

Fazit

Es hätte sicherlich auch gereicht, wenn man das alte Wahlprogramm von 2017 erneut präsentiert hätte. So wenig Neues findet sich in dem gestern veröffentlichten Pamphlet. Einmal mehr beweist die Union, dass sie eine Partei des Stillstands und der Verwaltung ist. Mutige politische Gestaltung ist von den Christdemokraten auch in den kommenden 4 Jahren wahrscheinlich eher nicht zu erwarten. Hier bleibt zu hoffen, dass der künftige Koalitionspartner an den wichtigen Stellen entsprechend Druck ausübt. Obwohl eine schwarz-grüne Koalition rechnerisch am wahrscheinlichsten gilt, gehen die Programme beider Parteien so weit auseinander, dass eine funktionierende Zusammenarbeit fast unmöglich scheint, aber man soll ja niemals nie sagen. Mit Blick auf die Eckpunkte dieses Wahlprogramms sollte nun aber auch dem Letzten klar sein, dass sich die CDU nichts sehnlicher wünscht, als mit der FDP eine Regierung zu bilden. Und auch, wenn ein Wahlsieg der Christdemokraten als wahrscheinlich gilt, ob es dann auch zu schwarz-gelb reicht, wird noch spannend werden.

Wir haben uns auf Twitter umgesehen und ein paar der treffendsten Reaktion für euch zusammengestellt.

#1: Wir sparen den Sozialstaat noch ein bisschen kaputt und privatisieren wieder irgendwas

#2: Die 90er Jahre haben angerufen und wollen ihre Ideen wieder

#3: Selten so gelacht

#4: Ohne Scheiß

#5: Überraschung

#6: Nett umschrieben

#7: Übersetzung für die Generation Z

#8: Genau das, was die CDU ihren Gegnern immer vorwirft

#9: Wahrscheinlich will die Union für Klimaneutralität beten

#10: Vorsicht, Satire!

#11: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt

#12: Was letzte Preis?

#13: … dem 30% der Wähler:innen zustimmen werden

#14: Da brummt der Nadeldrucker

#15: Pssst, nicht so laut

#16: CDU-Wahlprogramm in a nutshell

#17: Hätte auch gereicht

#18: Genau so ist es

#19: Klingt logisch

#20: So wird es kommen

Genug aufgeregt! Wer dennoch mehr Tweets über die Union und ihren Kanzlerkandidaten lesen will, wird hier fündig:

Armin Laschet, der Kanzlerkandidat der Union – Die treffendsten Tweets

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