Das wird dein neuer Arbeitsplatz
Hallöchen, ihr alten Hasen der Arbeitswelt! Wenn ihr Stellenanzeigen auf der Suche nach einem neuen Job durchforstet, dann gibt es bestimmte Formulierungen, die euch sofort aufhorchen lassen und dafür sorgen, dass ihr mit ganz besonders kritischen Fragen ins Vorstellungsgespräch geht. Mittlerweile weiß zum Beispiel jedes Kind, dass die Lobpreisung der kostenlosen Parkplätze, des täglich frisch befüllten Obstkorbes und des gratis Wassers in der Jobbeschreibung übersetzt so viel heißen wie: „Mehr hat die Firma nicht zu bieten, also renn so schnell du kannst!“. Auch die Formulierung „familiäres Umfeld“ ist lediglich ein schöner Euphemismus für: „Wenn du keine Überstunden machst und uns hängen lässt, sorgen wir dafür, dass du an deinem freien Tag ein abgrundtief schlechtes Gewissen mit dir herumschleppst!“
Zum Glück haben wir die Freiheit, uns eine eigene Meinung zu bilden und dürfen uns nach vielen persönlichen Vorstellungsgesprächen den Arbeitsplatz schließlich selbst auszusuchen. Sollte der Job wider Erwarten keinen Gefallen finden, haben wir dennoch die Möglichkeit zu kündigen und uns nach etwas Neuem umzusehen. Früher sah das etwas anders aus. Da gab es diesen einen Job, den wir alle machen mussten und an dem kein Weg vorbei führte. Neugierig geworden, um welchen Arbeitsplatz es sich handelt? Der Thread von @HerrnHarder bringt Licht ins Dunkle.
Ein Einstellungsgespräch
Herzlich willkommen Kollege, das wird für die nächsten Jahre dein neuer Arbeitsplatz sein.
-„Was ist mit meinem alten Job?“
Oh, der ist Geschichte. Da geht es nicht mehr zurück.— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Hier ist ihr Platz. Es gibt festgelegte Arbeits- und Pausenzeiten. Sie haben eine Ablage am Tisch und eine an der Wand für ihre Arbeitsmaterialien.
— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Sie dürfen ausschließlich am Platz arbeiten, es sei denn, Ihr Teamleiter ordnet etwas anderes an. Persönliche Gegenstände sind auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
-„Und das sind…?“
Diese 24 Herrschaften sind ihre Teammitglieder, die Sie die nächsten Jahre begleiten werden.— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
-„Und dann?“
Nach vier bis fünf Jahren werden Sie an eine andere Geschäftsstelle versetzt und das Team einmal komplett getauscht.
-„…“
Natürlich hängt der Standort der Versetzung vor allem von ihrer Performance ab.
-„…“— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Essen und Trinken wie gesagt nur zu den festen Zeiten, den Platz verlassen Sie…
-„Nur zum Verrichten der Notdurft?“
Ja, allerdings müssen Sie vorher die Erlaubnis ihres Teamleiters einholen.
-„!“— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Sie werden sicher eine große glückliche Familie werden.
-„Was ist mit Rückzugsorten?“
Gibt es nicht. Privatsphäre auch nicht. Nur in den Nasszellen, aber wie gesagt, vorher beim Teamleiter um Erlaubnis fragen. Einen Teil der Pause verbringen Sie auch im Büro.
-„…“— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Der Hof wird gemeinschaftlich mit mehreren hundert Beschäftigten geteilt, alle haben gleichzeitig Pause. Eine tolle Möglichkeit, sich zu vernetzen.
-„Was genau ist denn meine Aufgabe hier?“
Sie tun alles, was der Teamleiter anordnet.— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Von den meisten Dingen haben Sie noch nie etwas gehört, aber sie müssen es trotzdem versuchen, und geben Sie sich Mühe, sie wissen ja, davon hängt ab, welchem Team Sie im Anschluss zugeteilt werden.
-„Wie ist die Bezahlung?“
Haha. Bezahlung, naja, sie lernen etwas für sich.— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Darüber hinaus haben wir ein ausgeklügeltes Sanktionssystem, für den Fall, dass Sie sich nicht anstrengen, sabotieren, sich sperren, zu sehr in zwischenmenschliche Kommunikation oder Beobachtung vertieft sind etc.
— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
-„Das bedeutet?“
Gespräche mit Teamleiter und/oder Vorgesetzten, bei mehrfachen Verstößen verlängert sich Ihre Zeit hier um mindestens ein Jahr.
Ganz besonders harte Fälle können aber auch strafversetzt werden.
Geben Sie sich also Mühe.— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Nun, das wars für’s Erste.
Ich hoffe, wir konnten alle Fragen klären.
-„Hurra, endlich Schulkind!“— Fanfarenfan (@HerrnHarder) May 29, 2022
Kommentare und Reaktionen:
Ging es euch beim Lesen ähnlich wie uns? Das Einstellungsgespräch klingt, als würde man einen Job in einem Großraumbüro antreten, welches man am Ende des Tages ausgelaugt und müde verlässt und in dem man eintönige Arbeiten verrichtet, bei denen Depressionen und Burnout vorprogrammiert sind. Doch was sagen die Leserinnen und Leser dazu?
Die Logik soll mal jemand verstehen
Nach all den Jahren sollen Sie dann aber wieder out of the box selbst denken und selbstständig arbeiten sowie den sozialen Konktakt zu anderen optimal pflegen.
— MadPad (@padfrey) May 30, 2022
Es führt kein Weg vorbei
Was wichtiges vergessen: „Es gibt kein Kündigungsrecht!“
— Thomas (@TheThomasDee) May 30, 2022
Stimmt
Mein erster gedanklicher Impuls war: ist das eine Umschreibung fürs Gefängnis 🙈🙈🙈
— Freya_Amalia (@FreyaAmalia) May 30, 2022
Die Ähnlichkeit ist da
Ich hatte ein Großraumbüro/Callcenter vor Augen 😬
— Sisa (@Sisa19740304) May 30, 2022
Ab diesem Zeitpunkt gibt es kein zurück mehr
Tja. Mein Sohn fand nach 6 Monaten Vorschule, ich könne ihn nun wieder abmelden, er habe es gesehen.
Da musste ich ihm erklären, dass das nicht geht. Er fand das sehr seltsam und unverständlich.Er will jetzt Lehrer werden.
— Dr. Beatrice Diallo (@BeatriceDiallo) May 30, 2022
Wünschen wir niemandem
Bis zum Schluss dachte ich an so manchen Job, der mir über den Weg gelaufen ist.
— Musikantin 🧄 📯🌈 (@SvetK74) May 30, 2022
Auf jeden Fall
Großartig… ich habe bis Tweet 7 gebraucht um den Schulcontext zu verstehen… Es ist schockierend was wir unseren Kindern antun. Danke für diesen Thread. Er regt definitiv zum Nachdenken an.
— anonykatz2210 (@anonykatz2210) May 30, 2022
Hier erkennt ihr auf den ersten Blick, dass es sich um Horror-Geschichten aus der Schule handelt: